: Der mit dem Bild singt
Europas erste Online-Musik-Akademie hat ihren Sitz in Bremen. Mit einem Relaunch verfolgt der Komponist Serge Weber sein Projekt – obwohl der Senat zugesagte Gelder gestrichen hat
Man stelle sich vor: Die Cellistin, die mit ihrem Instrument vor dem Computermonitor sitzt und Händel übt. Oder etwa der smarte Teenie, der sich online auf das nächste „Deutschland sucht den Superstar“-Event vorbereitet. Nein, das Konzept der „Europäischen Media Musikakademie“ sieht schon ein wenig anders aus.
Beim Musikstudium im Cyberspace wird weder Cello- noch Gesangsunterricht erteilt. Serge Weber, Komponist und Regisseur aus Bremen, versucht mit der „EMM“ vielmehr seine Vision von einer virtuellen Bildungs-Institution für Film-, Funk-, Fernseher- und Theaterkomponisten wahr zu machen. In Online-Konferenzen mit Bild-, Ton- und Sprachübermittlung können Anfänger und Fortgeschrittene von jedem Ort der Welt aus alles über die musikalische Getaltung von Bild und Bewegung lernen. Passt der langsame Walzer wirklich, wenn sich Tom und Jerry eine rasante Verfolgungsjagd liefern?
Betreut werden die Emm-Teilnehmer sowohl bei ihren Kompositionen als auch bei der Vermittlung von Werken oder in juristischen Fragen. „Mit speziellen Musikprogrammen vertonen die Studierenden von zu Hause aus Bilder und Filmsequenzen in Echtzeit “, erklärt Weber, oder unterlegen sie, „erstmal nur mit Audio-Dateien.“ Auf diese Weise sollen sie Ursache und Wirkung der Musik im Zusammenhang mit den Szenen erkennen. Namhafte Dozenten werden die Sitzungen moderieren. Dabei denkt Weber an keine Geringeren als Björn und Benny, die musikalischen Köpfe der schwedischen Erfolgsgruppe Abba. Gefragt habe er die beiden zwar noch nicht. Aber er kenne da ein paar Leute, die gut befreundet seien mit den beiden.
Wer möchte nicht bei solchen Lehrern studieren? „Keine klassische Ausbildungs-Institution der Welt leistet bisher den erforderlicen Aufwand“, soWeber.
All das ist zur Zeit aber noch Zukunftsmusik. Zwar ging er bereits im April vergangenen Jahres on-line. Wenige Tage nach dem Auftakt jedoch distanzierten sich die Sponsoren – auch der Bremer Senat. Dabei soll Bürgermeister Henning Scherf die EMM im Vorfeld als innovativ und förderungswürdig gepriesen haben. Die Absprachen jedoch fielen unter den Tisch. Für Webers Projekt befand sich kein Euro mehr in der Landeskasse. Noch bevor die erste Online-Konferenz über die Bildschirme flimmern konnte, musste Weber Insolvenz anmelden.
Aufgeben wollte er aber nicht. In der Zwischenzeit hat Weber mit vielen Bildungsinstitutionen Kontakt aufgenommen. Gespräche etwa mit der Bremer Uni, der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg seien sehr positiv verlaufen. So fühlt er sich für den zweiten Anlauf besser gewappnet.
Überall scheint Interesse und Kooperationsbereitschaft vorhanden zu sein. Sogar der Kulturausschuss des Bundestages soll darüber nachdenken, wie man ein solches Angebot auf Europaebene realisieren könne. Die Vision Webers ist klar: „es soll ein breites Netzwerk entstehen“, um dem Nachwuchs im Bereich der Film- und Theatervertonung die erforderlichen Kenntnisse beizubringen. „Im Gegensatz zu vielen Internetangeboten geht es hier um Inhalte“.
In spätestens drei Wochen will er mit seiner Online-Akademie wieder voll durchstarten. Dann soll die Webseite in neuem Glanz erstrahlen. Seltsamerweise hätten gerade zwischen Weihnachten und Neujahr viele User die Seite der „Emm“ besucht. Nur leider seien die Telefonleitungen noch tod, bedauert Weber. Zurzeit stelle er das Konzept „namhaften Persönlichkeiten“ vor. „Ich will zeigen, dass es gut ist – und wo es hinführen kann“.
Jörg Fischer