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NachgefragtDie CDU zum Ende der blauen Tonne

„Das ist ein Armutszeugnis“

Gestern hat die SPD an einem Tag begraben, was zuvor eine großkoalitionäre Arbeitsgruppe in monatelangen Verhandlungen erarbeitet hatte: den Kompromiss um die Altpapierentsorgung. Der Kompromiss – weg mit Bündel und Container, dafür einzig und ergo zwangsweise die Tonne – war weit von beiden Vorstellungen entfernt und unpopulär obendrein. Jetzt ist er vom Tisch. Wir sprachen mit CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff, Mitglied der Müll-Arbeitsgruppe.

taz: Da verhandeln Sie mit der SPD monatelang – und umsonst. Kommen Sie sich nicht verulkt vor?Jens Eckhoff: Inzwischen überrascht mich da gar nichts mehr, wir kennen das ja mittlerweile von der SPD. Beim kleinsten Windhauch von Kritik kippen die um. Dabei hätte der Kompromiss maßgeblich zur Stabilität der Gebühren beigetragen. Wir haben es uns in den Verhandlungen nicht leicht gemacht und sind auf wesentliche Forderungen der SPD eingegangen.

Aber die Zwangstonne will offenbar niemand wirklich.

Man hätte, bevor die blaue Tonne eingeführt wird, die so genannten Müllgemeinschaften viel intensiver bewerben können – das ist in der bisherigen Diskussion bisher kaum zur Sprache gekommen. Gerade die Menschen in den Stadtteilen, wo sich am meisten gegen die Tonne gewehrt wurde, hätten die Möglichkeit gehabt, in ihren Häusern die Zahl der Tonnen zu reduzieren.

Stattdessen hat nun die SPD das eigene Ressort aufgefordert zu prüfen, ob die Container nicht doch bleiben könnten. Das sollte das Ressort doch längst gemacht haben.

Das ist wirklich eine Lachnummer. Das Ressort hat uns in den Gesprächen immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass sich das nicht rechnet. Mit dieser Aktion will die SPD nur davon ablenken, dass sie ihre beiden Verhandlungsführer, Joachim Schuster und Christine Wischer, im Regen hat stehen lassen.

Sie fürchten nun, dass man um eine Gebührenerhöhung nicht herumkommen wird.

Das Wesentliche – nämlich die Bremer Entsorgungsbetriebe auf einen Rumpfbetrieb zurückzufahren – ist nun verloren gegangen. Die Aufgaben, die die BEB noch mit gut 100 Personen macht, werden in anderen Städten teilweise mit 15 oder 18 Personen abgewickelt. Ein solches Defizit kann dann nur über eine Gebührenerhöhung aufgefangen werden – nur weil wir nicht in der Lage sind, entsprechende Schrumpfungsschritte einzuleiten. Das ist ein Armutszeugnis der Politik.

Sie sagen, bei der SPD überrasche Sie inzwischen gar nichts mehr, und Joachim Schuster klingt wenig betroffen, wenn die Sache erst nach der Wahl, dann am liebsten ohne Sie, erneut angegangen wird – ist das ein weiteres Indiz für das nahende Ende der Großen Koalition?

Das kann man überhaupt nicht sagen. Bei der SPD ist die Kandidatenaufstellung noch nicht abgeschlossen – möglicherweise ist Joachim Schuster der Ausstieg der eigenen Fraktion ganz recht, weil er sich beim Kampf um einen besseren Listenplatz nicht mit einem Sachthema belasten möchte. Es ist eben Wahlkampf. In welcher Konstellation es weitergeht, entscheidet der Wähler.

Fragen: Susanne Gieffers

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