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Betr.:„Angebot soll Nachfrage regeln“ und „Veraltetes Konzept“, taz hamburg vom 21.12.02
Bärendienstlich
Es ist doch einiges zuviel, wenn die taz dem Senat zuschreibt, er habe „endlich ein Drogenkonzept erarbeitet“: Es sind allenfalls – wie der Senat selbst erklärt – „Eckpunkte einer neuen Konzeption“; von einem Drogen- und Suchthilfeplan oder -programm gar ist das meilenweit entfernt. Allerdings hat auch der alte Senat etwas, das diese Bezeichnung zu Recht verdient gehabt hätte, in all den Jahren nicht vorgelegt.
Die „Eckpunkte“ des neuen Senats sind vielfach von der zutreffend beschriebenen Einseitigkeit, Fragwürdigkeit und Dürftigkeit. Viele Phrasen, Praxisferne und Ideologie lassen manches erahnen und auch befürchten. Interessant werden die angekündigte Operationalisierung der Ziele – so insbesondere das der so genannten „Ausstiegsfixierung“ –, der konkrete Maßnahmenkatalog wie zum Beispiel die geplante Evaluation des gesamten Hilfesystems und der Zeitplan sein.
Neu oder gar überraschend ist an dem Papier eigentlich nichts, auch nicht – wie von der taz unzutreffend geschrieben – die angekündigten Maßnahmen für Minderjährige aus dem Prostitutions- und dem Drogenmilieu: Für genau diese beiden Zielgruppen hatte Senatorin Schnieber-Jastram schon Anfang September Konzepte für so genannte „verbindliche“ Angebote angekündigt. Erstaunlich ist, dass es dazu trotz der bereits damals in Aussicht gestellten Drogentherapie im Zwangsrahmen bisher keine kritischen Reaktionen aus der Fachwelt gab. Vielleicht ist auch dies ein Zeichen von Anpassung und Opportunismus.
Die Darstellung bezüglich des GU-Gutachtens ist zumindest missverständlich, z. T. aber auch unzutreffend: Offensichtlich hat ver.di Prof. Bernzen kein „veraltetes“ Konzept zur Beurteilung „vorgelegt“, sondern schon vor Monaten die Pressemeldung und die interne Senatsvorlage vom Juli 2002, in denen als Zielgruppe auch Jugendliche genannt wurden, die „mit ihrer baldigen Abschiebung rechnen müssen“. Und Bernzen hat hierzu bereits am 5.8.02 ein Kurzgutachten gefertigt. Die Frage ist also, warum ver.di und die anderen Auftraggeber mehr als vier Monate mit der Vorlage des damals hochaktuellen Gutachtens gewartet und mit dieser erheblich verspäteten Veröffentlichung der fachlichen und politischen Diskussion zunächst nicht genützt und jetzt sogar einen Bärendienst erwiesen haben. Dr. Ute Waller