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Archiv-Artikel

„Kein Tanzverbot!“

Kollektive Soundgestaltung statt Soli: Die fünf schwedischen Jazzer von „Oddjob“ folgen einem Konzept, wie man es eher von Bands à la „Tortoise“ kennt. Am Montagabend sind die groovenden Post-Jazzer in der Fabrik zu Gast

Småland – ein Name, der Assoziationen in Gang setzt. Lag nicht Lönneberga in dieser südschwedischen Provinz, quasi die Heimat Astrid Lindgrens und ihres Kinderbuchhelden Michel? Und bietet Ikea nicht unter diesem Namen seine Spielzimmer an, als ein „Land der Kleinen“? Wie dem auch sei, „Oddjob“ haben sicher nichts gegen frei herumschweifende Gedanken. Wenn das Quintett den Titel „Småland“ ansagt, dann einfach wegen der spacigen Sounds vibrierender Weingläser hinter getupften Bläser-Akkorden. Denn in Småland, so erklärt der Trompeter Goran Kajfes gern, ist das schwedische Glasbläserhandwerk angesiedelt. Keine Chance für feuilletonistische Höhenflüge also, der metaphysische Überbau ist nicht die richtige Umgebung für die handfesten Grooves – und die dazugehörigen Moves, die sie gern provozieren: „Kein Tanzverbot bei Oddjob-Konzerten“, ruft Kajfes am Ende des Interviews noch ins Telefon.

Die fünf Schweden sind derzeit auf Tournee durch Deutschland, gerade ist ihr viertes Album erschienen, zum ersten Mal auch hierzulande. Jetzt bringen sie Jazzclubs zum schwingen, aber auch Rockschuppen wie am Montagabend die Fabrik in Altona.

So unterschiedlich die Venues sind: die fünf Enddreißiger sind überall richtig. Getroffen haben sie sich als Begleitmusiker des schwedischen Soul-Stars Eric Gadd. Als Daniel Karlsson dazustieß, auch bekannt als Pianist bei Till Brönner, begannen sie unter eigenem Namen zu spielen: Zuerst Souljazz von Cannonball Adderley bis Horace Silver, später auch Hendrix, „Kraftwerk“ und vor allem Eigenes. Dabei folgen die ausgebildeten Jazzmusiker einem Bandkonzept, wie man es eher von Postrockern wie „Tortoise“ kennt: Keiner will ein Solo spielen. „Wir lieben es, den Sound gemeinsam zu gestalten, das kollektive Gefühl dabei.“

Ob dieser kollektive Sound als live gespielte Rare Grooves wahrgenommen wird, als psychedelischer Clubmix oder doch als eine Art Post-Jazz des dritten Jahrtausends, sollte jedeR selbst entscheiden. Alles ist drin.TOBIAS RICHTSTEIG

Mo, 22. 9., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstr.36