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Archiv-Artikel

Freundschaftsdienste an der Hunte

Der Oldenburger Hunte-Report musste auf Geheiß des Kartellamtes aus dem Medienimperium der Nord-West-Zeitung verkauft werden. Jetzt erscheint er in einer Stiftung, deren Arbeit kaum nach außen dringt. Und die Gewinne sind mager

Das Entflechtungsverfahren

Die Familien Köser und von Bothmer haben den Besitz ihrer NWZ-Mediengruppe systematisch ausgedehnt: Beteiligungen an Tageszeitungen, Anzeigenblätter, Radiosender. Alt-Verleger Reinhard Köser umging Kartellauflagen, indem er die Zugehörigkeit zur NWZ-Mediengruppe durch zwischengeschaltete Unternehmen und Treuhänder verschleierte. Im Sommer 2006 kam ihm das Kartellamt auf die Schliche. Das Verlagshaus wurde durchsucht, über 100 Aktenordner beschlagnahmt. Nach Monaten intensiver Recherche wurde ein Entflechtungsverfahren eingeleitet, nach Einschätzung des Medienexperten Horst Röper vom Formatt-Medieninstitut in Dortmund das umfangreichste seit Jahrzehnten im Medienbereich. Die Familien Köser und von Bothmer mussten Beteiligungen veräußern. Wegen der Vielzahl der Verstöße musste die NWZ-Gruppe eine Geldbuße in Höhe von 2,5 Millionen Euro zahlen, Köser kam mit 200.000 Euro davon. FEZ

VON FELIX ZIMMERMANN

Der Hunte-Report ist für gewöhnlich keine Zeitung, die weit über die Stadtgrenzen Oldenburgs hinaus beachtet wird. Ein Anzeigenblättchen, dass mittwochs und sonntags kostenlos verteilt wird, immerhin in einer Auflage von 144.000 Exemplaren in Oldenburg und dem angrenzenden Landkreis Ammerland. Wenig Redaktionelles versteckt sich da zwischen viel Werbung, kein Blatt von Relevanz.

Einmal aber erhielt der Hunte-Report doch Aufmerksamkeit, sogar weit weg von Oldenburg. Das Bundeskartellamt hatte ihn ins Visier genommen, denn der Hunte-Report gehörte zur großen NWZ-Mediengruppe, die vor allem die Nordwest-Zeitung als größte Tageszeitung der Region herausgibt. Das Kartellamt durchleuchtete die Mediengruppe im Sommer 2006 und fand eine Vielzahl illegal erworbener Beteiligungen. Die mussten auf sein Geheiß hin entflochten werden (siehe Kasten).

Auch der Hunte-Report war davon betroffen. Anstatt ihn aber wie andere Beteiligungen zu verkaufen, dachten sich Reinhold Köser und Stephan Graf von Bothmer – Enkel und Urenkel des NWZ-Gründers Fritz Bock – eine besondere Konstruktion für das Blatt aus: Sie gründeten die Pressestiftung Weser-Ems, die seit Juni 2008 alleinige Gesellschafterin der Promotion Verlagsgesellschaft ist, in der der Hunte-Report erscheint. Als Stiftungszweck wählten sie „die Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie der Volksbildung“. Damit scheint der Hunte-Report unabhängig von der NWZ zu sein. Das Kartellamt akzeptierte das Modell, nicht ohne zu prüfen, ob die NWZ-Besitzer Köser und von Bothmer Einfluss auf die Stiftung haben.

Offensichtlich haben sie den nicht, denn die beiden schieden mit der Gründung aus der Stiftung aus. Den Stiftungsvorstand aber dienten sie einem Kreis ehrenwerter Herren an, die sie allesamt gut kennen: Der Stiftungsvorsitzende Franz Thole, Vorstandsvorsitzender der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg, sitzt mit Reinhard Köser im selben Rotary-Club. Zur Stiftung selbst und seiner Verbindung zu Köser will sich Thole trotz mehrfacher Nachfrage nicht äußern. Stellvertretender Vorsitzender der Pressestiftung ist der EDV-Fachmann Ulrich Suwe, der wie Stephan Graf von Bothmer in Bad Zwischenahn wohnt. Die beiden kennen sich aus dem dortigen Fischereiverein: Suwe war zwölf Jahre dessen Geschäftsführer, von Bothmer ist der 1. Sportwart. Wohl klar, wer Suwe gefragt hat, ob er nicht in den Vorstand der Pressestiftung möchte. Suwe aber schiebt Erinnerungslücken vor. Er sagt: „Ich bin in irgendeiner Form dazu gekommen, wurde angerufen.“ Und auf Nachfrage, wer ihn angerufen habe: „Ist doch scheißegal.“

Schließlich gehört auch Dieter Boll zum Vorstand. Der war bis zu deren Abschaffung 2004 Vizepräsident der Bezirksregierung Weser-Ems. Er sagt, er kenne Reinhard Köser „so, wie man sich in Oldenburg halt kennt“. Boll verschweigt dabei, dass er mit Köser im Vorstand der vom NWZ-Verleger gegründeten Stiftung Kulturschatz Bauernhof sitzt. Man kümmert sich vornehmlich um alte Bauernhäuser.

Merkwürdig, wie diskret diese Stiftung agiert. Es gibt keine Öffentlichkeitsarbeit, über Projekte, die unterstützt werden sollen, erfährt man nichts, und dann die Geheimniskrämerei des Vorstandes: Der Vorsitzende, Franz Thole, schweigt, Suwe und Boll tun so, als würden sie Köser und von Bothmer nur entfernt kennen. Dabei war die Zeitung immerhin Teil des verzweigten Medienimperiums, nährte also die Eigentümerfamilien, wenn das auch gezielt verschleiert wurde. So ein Objekt vertraut man nicht jedem an.

Obwohl: So gut scheint es gerade nicht zu laufen, denn „im Moment werden keine großen Gewinne erzielt, das belastet den Vorstand sehr“, hat Mitvorstand Ulrich Suwe noch gesagt. Wirft der Hunte-Report etwa kaum etwas ab? Dazu sagt dessen Geschäftsführer Andreas Lausch: „Ich werde jetzt hier nicht meine Zahlen ausbreiten.“ Wohl Böswillig zu vermuten, dass eventuelle Gewinne des Hunte-Reports auch dadurch abgeschöpft werden könnten, dass die Zeitung in der NWZ-eigenen Druckerei gedruckt und vom NWZ-Zustelldienst VDS verteilt wird. Einfach die Kosten für Herstellung und Vertrieb des Hunte-Report erhöhen – dann kann nichts für den guten Zweck getan werden. Aber das Geld bleibt im Hause NWZ.

Sollte der Hunte-Report wider Erwarten doch Gewinn erwirtschaften, ist da aber auch noch eine alte Windmühle, die den von Bothmers gehören soll. Eine ehemalige NWZ-Mitarbeiterin war zugegen, als im holzgetäfelten Veranstaltungssaal des Verlagshauses ein Fest gefeiert wurde. Man plauderte an Stehtischen, erwähnte auch die Pressestiftung und konkretisierte ganz nebenbei deren Zweck: Die Erlöse könnten der von Bothmerschen Mühle zugute kommen. Das wäre ein gutes Werk im Sinne des Denkmalschutzes – und böte noch einen ganz klaren Vorteil: Die Stiftungsgründer wüssten, dass das Geld gut investiert ist.