: Abtasten beendet
Österreichs Konservative sind noch immer auf der Suche nach einem Regierungspartner. Sozialdemokraten streben Regierungsbeteiligung an
aus Wien RALF LEONHARD
Es hat sich aussondiert in Wien. Gestern wurde das gegenseitige Abtasten möglicher Regierungspartner beendet. Nach dem letzten Treffen mit Wolfgang Schüssels Team gab sich FPÖ-Chef Herbert Haupt skeptisch, was einen Verbleib seiner Partei in der Regierung betrifft. Zwar wollen die Freiheitlichen weiter „Reformmotor“ spielen und in den meisten Sachpunkten gebe es weitgehende Übereinstimmung. Doch auf dem Wunschzettel der ÖVP stehen eben auch Themen wie die Bundesstaatsreform, die eine Verfassungsmehrheit erfordert.
Ohne die SPÖ mit ihren 69 Abgeordneten läuft da nichts. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat inzwischen auch die Abkehr vom Oppositionskurs vollzogen. Auf der gestrigen Parteikonferenz versuchte er die eher skeptischen Genossen auf Regierungskurs einzuschwören. Man dürfe nicht übertrieben dogmatisch sein, sagte er. Bei seiner Ansprache ging es Gusenbauer auch um seine politische Zukunft. Geht er in die Opposition, muss er damit rechnen, vor den nächsten Wahlen ausgetauscht zu werden. Wird er Vizekanzler, erhält er die Chance, sich erstmals in einem Staatsamt zu bewähren.
Wolfgang Schüssel macht es den Sozialdemokraten aber nicht einfach. Er hat einen Zehnpunktekatalog aufgestellt, den er in der Regierung umsetzen will. Darin findet sich der Kauf der umstrittenen Abfangjäger ebenso wie das schleichende Abgehen von der Neutralität, die Abschaffung von Frühpensionen und ein genereller Selbstbehalt bei Arzt- und Klinikbesuchen. Die Österreichische Bundesbahn soll zerschlagen und teilprivatisiert werden. Die von SPÖ und Grünen bekämpften Studiengebühren müssen bleiben.
Die begonnene Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie wird fortgesetzt. Dabei wurde die SPÖ vor Weihnachten gezielt provoziert, als der von der Bewertungskommission favorisierte rote Polizeigeneral Franz Schnabl durch einen schwarzen Gendarmerieoffizier ersetzt wurde. Die Verhandlungen sind also auch durch ein getrübtes Vertrauensverhältnis belastet.
Die Sozialdemokraten können Schüssel nicht vergessen, dass er 2000 hinter ihrem Rücken mit Haider paktierte. Nach der Absetzung Schnabls wollte Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl jeden Kontakt zur ÖVP abbrechen. Skeptisch ist auch Vizeparteichef Heinz Fischer, der die Aufnahme von Verhandlungen nicht als Garantie für eine Regierungsbildung sehen will. Wie er glauben viele, dass Schüssel den niedrigen Preis der verkleinerten FPÖ weiter drücken will. Eine neue Regierung ist laut FPÖ-Chef Haupt nicht vor Mitte Februar zu erwarten. Weniger festlegen will sich die ÖVP. Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer: „Die Verhandlungen enden, wenn es ein Ergebnis gibt.“