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Archiv-Artikel

Was vom Fallholz übrig bleibt

Krise? Welche Krise? In den Managementbüchern für die Alphatierchen der Medienbranche war bislang höchstens von Herausforderungen die Rede. Und von denen gibt es in diesem Jahr einige – Eine Präsentation der größten Baustellen

von STEFFEN GRIMBERG

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung darf zurzeit selber erleben, worüber sie bislang bloß berichtete: Einschneidende Rationalisierungen in einem mittelständischen Unternehmen nämlich. So musste das Feuilleton Federn, der Rhein-Main-Teil ent-lassen und die Existenz der Sonntagsschwester FAS gilt trotz ermutigender Auflagenzahlen nicht als gesichert.

Bei der Frankfurter Rundschau ist die Kreditlinie ausgereizt. Unkenrufen, jetzt drohe der endgültige Abstieg in die Regionalliga, zum Trotz wird beim Hauptstadtbüro bisher weniger gekürzt als erwartet. Dumm nur, dass der Partner mit dem man schon beim Stellenmarkt gemeinsame Sache macht, selber lahmt: Die Süddeutsche Zeitung musste um Finanzspritzen betteln und einen umtriebigen Regionalverlag als Gesellschafter aufnehmen (siehe unten).

Trotz der Krise mit dem Expandieren ernst gemacht hat dagegen Holtzbrinck – und sitzt jetzt zwischen den Stühlen. Die Hoffnung, dass die angestrebte Ministererlaubnis doch noch zur im Dezember vom Kartellamt untersagten Aneignung des Berliner Verlags führt, ist unrealistisch. Und die in den eigenen Blättern befeuerte Sicht, hier werde der Springer-Verlag gestützt oder ein Verbot der Übernahme der Berliner Zeitung führe langfristig zum Verschwinden von Tagesspiegel und Berliner Zeitung, klingt eher trotzig-enttäuscht als überzeugend. Was die Südwestdeutsche Medienholding ins Spiel bringt: Ihr Interesse, beim Berliner Verlag einzuspringen, ist ernst zu nehmen. Allerdings hat das Medienhaus durch den Einstieg beim Süddeutschen Verlag bereits eine teure Baustelle.

Deutsches Fernsehen

Bei ARD und ZDF herrscht eigentlich holde Glückseligkeit. Weil die Anstalten aber nächstes Jahr wieder eine Gebührenerhöhung durchsetzen wollen, wehklagt man einfach mit. Schließlich sind die Werbeeinnahmen auch hier zurückgegangen. Sparen wollen ARD wie ZDF am Programm statt die Wasserköpfe in den Senderverwaltungen abzubauen. Konkreter Leidensdruck entsteht 2003 dennoch nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch in der ARD: ORB und SFB müssen bei der Fusion zum Rundfunk Berlin-Brandenburg nämlich dem Mythos der „schlanken Anstalt“ gehorchen. Dass so aus zwei dritten TV-Programmen eins wird und mindestens ein Radioprogramm verschwindet, gilt als sicher.

Fürs ZDF fordert Intendant Markus Schächter unterdessen so unverdrossen wie irrational einen zweiten Abspielkanal. Dass er – als digitales Programmangebot – längst mehrere hat, scheint er irgendwie vergessen zu haben. Dafür ist nach dem Durchmarsch der Union beim Geplänkel um Intendanten- und Programmdirektorenposten zwar das Ansehen beschädigt, jetzt aber wenigstens wieder Ruhe. Gespart werden soll, indem man auf Dokumentationen setzt. Denn die sind immer noch günstiger als gleichwertige fiktionale Fernsehware.

Für die Privatsender hat RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler den Jahresbefehl Sparen und Hoffen ausgegeben. Nachdem bislang Ware vom Hauptkanal an RTL 2 zur Weiterverwertung durchgereicht wurde, dürfte dieses Jahr einiges in Gegenrichtung zu erwarten sein. Immerhin ist die RTL-Sendergruppe in sich stimmig aufgestellt. Unklar erscheint, was nach der anstehenden n-tv-Integration von dem Nachrichtenkanal übrig bleibt.

Bei ProSiebenSat.1 lautet die gute Nachricht für 2003, dass man um eine Zerschlagung des Gesamtkunstwerks herumgekommen ist. Das ist es dann aber auch schon: Pro 7 leidet am Popularitätsschwund der US-Formate, die zudem minütlich teurer werden. Und eine funktionierende Verwertungskette gibt es weiterhin nicht: Zwar unterscheiden sich durchschnittliche Sat.1- und ProSieben-Eigenproduktionen kaum noch. Auf Kabel 1 lassen sie sich aber nicht einsetzen. Und die Hauptbaustelle Sat.1 muss sich auf den nicht eben als spendierfreudig bekannten hanseatischen Bauer-Verlag einstellen, den gelegentliche Grimme-Preise weniger überzeugen dürften als tiefrote Bilanzen. Ein Abschied vom Ausprobier-Sender wäre okönomisch so richtig wie vom Programm her langweilig – und dürfte daher längst beschlossen sein. Der Trend geht 2003 klar in Richtung „dümmste Zuschauer der Welt“.