: Liberale auf einsamer Wanderung
Union lehnt FDP-Vorschlag für Zuwanderungsgesetz ab. Auch die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Beck, ist skeptisch. Das liberale Konzept sei „aufgewärmte Kost“
BERLIN taz ■ Das hatte sich die FDP schön ausgedacht. Kurz vor den Landtagswahlen wollten sich die Liberalen als Schlichter im Zuwanderungsstreit profilieren. Mit großen Tönen kündigten fünf FDP-Landesverbände eine „parteiübergreifende Bundesratsinitiative“ an. Doch das Echo war verhalten. Der Gesetzesvorschlag, den Baden-Württembergs FDP-Wirtschaftsminister Walter Döring präsentierte, stieß beim eigenen Koalitionspartner CDU sofort auf strikte Ablehnung und bei Rot-Grün auf Skepsis.
„Auf der Basis des FDP-Vorschlags kann man eine Initiative der Landesregierung im Bundesrat ausschließen“, sagte ein Sprecher von Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) der Stuttgarter Zeitung. Der Entwurf sei „weit von dem entfernt“, was die CDU wolle.
Kein Wunder: In ihrem Gesetzesvorschlag geht die FDP auf die Forderung der Union nach „klarer Begrenzung“ kaum ein. Die rot-grünen Regelungen im humanitären Bereich bleiben weitgehend unangetastet. Die wichtigsten Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf betreffen die Integrationsmaßnahmen und die Arbeitsmigration.
Während Rot-Grün einen Rechtsanspruch auf Integration nur für Neuzuwanderer vorsieht, will ihn die FDP auch für schon hier lebende Migranten – allerdings mit strengen Vorschriften. Wer nicht an Kursen teilnimmt, soll ausgewiesen werden.
Anders als die CDU will die FDP den Zugang auf den Arbeitsmarkt erleichtern und nicht nur für Hochqualifizierte öffnen. Auch Facharbeiter oder Krankenschwestern sind willkommen. Außerdem schlägt die FDP eine „Jahreszuwanderungsquote“ vor, die Regierung und Bundesrat gemeinsam beschließen. Als Kriterium gilt der zu erwartende Bedarf. Berücksichtigt werden soll aber auch, wie viele Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge oder Familiennachzügler jeweils ins Land gekommen sind. Die Jahreszuwanderungsquote ergebe sich „aus der Jahresquote abzüglich der Hälfte der Zahl“ der Vorjahresmigranten aus humanitären Gründen.
Bei dem FDP-Vorschlag handele es sich um „aufgewärmte Kost“, kritisierte die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne) gegenüber der taz. Beck wandte sich gegen „eine Aufrechnung von verschiedenen Zuwanderungsgründen“. Quoten hätten sich außerdem als „zu bürokratisch und unflexibel“ erwiesen. Die Androhung von Sanktionen für Nichtintegrationswillige sei „nicht liberal, sondern populistisch“. Meist sei eine Ausweisung gar nicht möglich, so Beck, weil die Betroffenen andere Rechtsansprüche geltend machen könnten, wie den Schutz von Ehe und Familie. LUKAS WALLRAFF
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