Der strauchelnde Riese

WAZ-Geschäftsführer Nienhaus schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus – eine Art Dammbruch

Eigentlich könnte alles so schön sein: Heute finden die LeserInnen der WAZ und der Westfälischen Rundschau wieder ein „Abo-Plus“-Heft in ihrer Zeitung, mit zahlreichen Ermäßigungsgutscheinen für Attraktionen in ihrer Region. Ein Zeitungshaus, das sich von A wie Abo bis Z wie pünktliche Zustellung um seine Kunden kümmert – doch es reicht nicht: Die Auflagen beider Titel gehen seit langem dramatisch zurück, am Freitag empfängt die Geschäftsführung von Deutschlands drittgrößtem Zeitungshaus die Chefredakteure aller WAZ-Titel (WAZ, WR, NRZ, WP, IKZ) zum Synergiegipfel. Der Riese von der Ruhr (Gesamtauflage gut 875.000 Exemplare) ist aus dem Tritt. Und Neu-Geschäftsführer Christian Nienhaus, der Mann, der von Springer kam, schließt – im WAZ-Kosmos seit Jahrzehnten eigentlich undenkbar – auch betriebsbedingte Kündigungen nicht aus.

Betriebsbedingt führt so etwas zu Unruhe in der Belegschaft: „Spekulationen um die Zukunft der fünf Zeitungstitel der WAZ-Gruppe in NRW führen zu ständiger und wachsender Unruhe in den Redaktionen“, schreibt der Betriebsrat, doch stünden „zur Zeit (…) keinerlei konkrete und schon gar keine offiziellen Informationen zur Verfügung“.

Die WAZ-Gruppe werde hier wohl stärker auf die einzelnen Zeitungsmarken setzen – aber die Redaktionen „zu verbilligen versuchen“, befürchtet Betriebsrat Jörg Tuschhoff. Denkbar sei die Einführung eines zentralen Newsdesks für alle fünf Titel, wo Texte „dann nur noch markenspezifisch verändert werden“. Nienhaus, der von Springers Bild-Gruppe erst Anfang Juli zum WAZ-Konzern wechselte, hatte in einem Interview erst kürzlich das Springer-Modell von Welt und Berliner Morgenpost gelobt, wo genau so verfahren wird. Doch ein solcher Schritt, so Tuschhoff, „gefährdet gehörig die Meinungsvielfalt“. STG