: Unis sind jetzt tarifautonom
Senat macht Druck: Nachdem er selbst die kommunalen Arbeitgeberverbände verlassen hat, drängt er die Hochschulen zu diesem Schritt. Die Unis sollen die Potsdamer Tariferhöhungen nicht mittragen
von RICHARD ROTHER
Der rot-rote Senat macht ernst: Erst stieg das Land selbst aus den öffentlichen Arbeitgeberverbänden aus, dann drängte er die Hochschulen des Landes, seinem Beispiel zu folgen. Das Ziel ist, die in der vergangenen Woche nicht beschlossenen Tariferhöhungen für die Beschäftigten nicht übernehmen zu müssen und so Personalkosten zu sparen. Weitere landeseigene Unternehmen, etwa die Bäderbetriebe, könnten seinem Beispiel folgen. Die Beschäftigten von BVG und BSR hingegen können sich über die in den Potsdamer Tarifverhandlungen beschlossenen Lohnerhöhungen freuen. Für die Berliner Landesbediensteten beginnen am Freitag die Tarifverhandlungen. Der Senat besteht auf einer Nullrunde; die Gewerkschaften verlangen die Übernahme des Potsdamer Abschlusses, der eine mehrstufige Lohnerhöhung vorsieht.
Die Berliner Universitäten und Fachhochschulen haben bereits am Freitag, zwei Tage nach dem Senat, die kommunalen Arbeitgeberbände verlassen. Mit diesem Schritt reagierten die Unis – einzige Ausnahme ist die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft – auf den „massiven Druck des Landes Berlin“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung hieß. Betroffen sind rund 20.000 Beschäftigte. Der Senat habe den Hochschulen unmissverständlich klar gemacht, dass ein Verbleib in den Arbeitgeberverbänden und damit die Übernahme des Potsdamer Tarifabschlusses die Kürzung der Uni-Zuschüsse zur Folge haben würde. Unverständlich sei aber, dass bei den Einrichtungen gespart werde, die die tragenden Säulen für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Berlin seien. Die Gewerkschaften bezweifeln, dass der schnelle Verbandsaustritt rechtmäßig ist, und planen Musterprozesse.
Der Senat beharrt unterdessen auf einer Null- beziehungsweise Minusrunde für die am Freitag beginnenden Tarifverhandlungen. Kern des Verhandlungsangebotes seien der Verzicht auf Gehaltssteigerungen und Einschnitte beim 13. Monatsgehalt sowie beim Urlaubsgeld, so der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in einem Radiointerview.
SPD-Fraktionsschef Michael Müller erklärte, schon in den gescheiterten Solidarpaktgesprächen sei klar gewesen, dass Berlin keine weiteren finanziellen Belastungen verkraften könne. „Wir können uns in diesem Punkt nicht erpressen lassen, auch nicht durch Streikdrohungen.“ Der Senat stehe weiterhin zu seinem Angebot, im Falle von freiwilligem Verzicht auf Tarifsteigerungen etwa die Verkürzung der Arbeitszeit, eine langfristige Beschäftigungsgarantie und eventuell mehr Urlaub einzuräumen.