: Ungewollter Geldsegen vom Alexanderplatz
Die EU-Kommission könnte darauf bestehen, dass die Bankgesellschaft Beihilfen in Höhe von 1 Milliarde Euro an das Land Berlin zurückzahlt. Der Senat will das Geld aber gar nicht haben, weil dies die Existenz der Bank gefährden würde
Man stelle sich Folgendes vor: Das arme Land Berlin kann einen Geldsegen in Milliardenhöhe von einer Bank erwarten, aber sich nicht recht darüber freuen. Denn bei der Bank handelt es sich um die am Alex sitzende Bankgesellschaft, und müsste die Bank tatsächlich zahlen, wäre das mehrheitlich dem Land gehörende Kreditinstitut wieder einmal in Existenznot. Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser bringt einen solchen denkbaren Vorgang, der zurzeit die Verantwortlichen beschäftigt, auf den Punkt: „Wahnsinn!“
Hintergrund sind Untersuchungen der EU-Kommission, ob die zur Bankgesellschaft gehörende Landesbank 1993 mit der Übertragung von Wohnungsbauvermögen der damals landeseigenen Wohnungsbau-Kreditanstalt (WBK) eine unerlaubte Beihilfe erhalten hat. Heute firmiert die WBK unter dem Namen Investitionsbank Berlin (IBB). Ähnlich wie andere öffentlich-rechtliche Banken nutzte die Landesbank Berlin die Eingliederung der WBK zu einer Kapitalerhöhung um umgerechnet fast 1 Milliarde Euro. Ihr Geschäft konnte sie entsprechend ausweiten. Da das zusätzliche Kapital nur mit 0,25 Prozent an das Land verzinst wird, vermutet die EU eine wettbewerbsverzerrende und damit unerlaubte staatliche Beihilfe. Bestätigt sich der Verdacht, könnte die EU die Landesbank verpflichten, die Milliarde wieder an das Land zu zahlen.
Vor dem Hintergrund ähnlicher Fälle – etwa bei der WestLB – wurde gegen eine solche EU-Entscheidung insbesondere von der Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof Klage erhoben. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, betonte gestern eine Banksprecherin. Mit der EU-Kommission bestehe in Sachen Bankgesellschaft Einvernehmen, den Beihilferegelungen nachzukommen, aber das Restrukturierungskonzept nicht zu gefährden.
Müsste die Landesbank Berlin fast 1 Milliarde Euro an das Land Berlin überweisen, würde dies den Fortbestand der Landesbank in Frage stellen sowie die Sanierungspläne für die Bankgesellschaft über den Haufen werfen. Es sei denn, die Bank erhielte im Gegenzug wiederum eine Hilfe des Landes. Grünen-Finanzexperte Esser: „Sollte es dazu kommen, muss das Abgeordnetenhaus entscheiden.“ Eine solche Landeshilfe könne allerdings wiederum mit dem Beihilferecht kollidieren. Daran dürfte aber auch der EU-Kommission nicht gelegen sein.
Die Finanzverwaltung bezeichnete den Vorgang gestern als „theoretische Diskussion“. Sollte die EU auf die Rückzahlung der 1 Milliarde Euro bestehen, würde das Land das Geld der Bank „mit der Verzögerung von einer Sekunde“ wieder zur Verfügung stellen, so ein Sprecher. Kosten entstünden dem Landeshaushalt dadurch jedenfalls nicht.
Allerdings auch keine Einnahmen. Esser: „Die Frage ist, ob wir das eins zu eins übernehmen müssen.“ Im Zuge eines solchen Verfahrens könne das Land schließlich von der Bank fordern, sich von bestimmten Beteiligungen zu trennen. Dies wiederum könne den Zuschussbedarf senken und so dem Land Geld in Kasse spülen. ROT