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Archiv-Artikel

Der Wert eines Wörtchens

Caritas: Land muss Schwangerenberatung weiter tragen, auch ohne Schein

Von sgi

taz ■ Heute früh steigt vor dem Bremer Verwaltungsgericht ein Prozess mit Signalwirkung. Die Caritas hat geklagt. Es geht um die Schwangerschaftsberatung der katholischen Kirche. Sie hieß mal „Schwangerschaftskonfliktberatung“ – bis der Papst entschieden hatte, dass die Beratungsstellen in katholischer Trägerschaft keine Scheine mehr ausstellen dürfen, die Frauen für eine legale Abtreibung brauchen. Seither fehlt das Wörtchen „Konflikt“ im Titel – und in den Caritas-Kassen fehlt Geld: Denn das Land hat seine Förderung von je 96.000 Mark für die zwei Bremer Beratungsstellen 2001 eingestellt. Kein Schein, keine Knete.

Das sieht die Caritas ganz anders. Die so genannte Konfliktberatung für eine Frau, die sich möglicherweise für eine Abtreibung entscheidet, sei ja nur ein Teil der Schwangerschaftsberatung, so der Bremer Caritas-Direktor Werner Fühner-Walbelder. „Selbst wenn für die Anerkennung der Beratungsstellen das Ausstellen des Scheins zwingende Voraussetzung sein sollte, beanspruchen wir doch anteilige Förderung für die Schwangeren- und Familienhilfeberatung“, meint Fühner-Walbelder. Will heißen: Die Beratungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen in der Kolpingstraße und die der Caritas in Bremen Nord helfen Schwangeren in allen möglichen Situationen – der Konfliktfall war da nur einer unter mehreren. Laut Fühner-Walbelder seien auch vor dem Papst-Verdikt nur wenige Frauen gekommen, die die Abtreibung fest im Sinn hatten und nur des Scheines wegen kamen.

Die Caritas wird vertreten vom Osnabrücker Anwalt Michael Carstens. Er führt mehrere Prozesse dieser Sorte – denn in Niedersachsen und Bremen startet die katholische Kirche ihre breit angelegte Offensive gegen die weltliche Unterbrechung profaner Geldströme. Nicht nur in Bremen, in der ganzen Republik sind die katholischen Beratungsstellen aus den staatlichen Förderungen herausgefallen. Insgesamt 33 Klagen stapeln sich bei norddeutschen Verwaltungsgerichten – das Verwaltungsgericht Braunschweig hat als erstes bereits ein Urteil gefällt, ganz im Sinne der Kirche.

Dieses Urteil wurde indes nicht rechtskräftig, die Bezirksregierung hat Widerspruch eingelegt. Das sei mit dem niedersächsischen Familienministerium so vereinbart, berichtet Anwalt Carstens, man wolle so bis vor‘s Bundesverwaltungsgericht, um die Sache ein für allemal zu klären. sgi