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Archiv-Artikel

Nicht raus. Nicht rein. Nicht erwünscht

Bundesgrenzschutz nimmt Frau vorläufig fest, die nach illegalem Aufenthalt zurück in ihre Heimat wollte.Türkische Behörden nehmen Kampfhundehalter fest, der aus Hamburger Haft heraus abgeschoben worden war

Georgia G. (Name geändert) hatte das getan, was der deutsche Staat im Grunde von ihr verlangt: Nach zwei Jahren illegalen Aufenthaltes wollte die Kamerunerin in ihre Heimat zurückkehren – freiwillig. Nicht einmal Abschiebekosten wären dadurch entstanden, denn die 24-Jährige hatte sich das Ticket selbst gekauft.

Das aber war nun auch wieder nicht recht: Beamte des Bundesgrenzschutz (BGS) nahmen sie am Hamburger Flughafen vorläufig fest, von wo sie via Zürich nach Kamerun starten wollte. Ihren Flug durfte sie erst antreten, nachdem der BGS die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und Georgia G. eine „Sicherheitsleistung“ von 1500 Euro hinterlassen hatte.

Das Problem für den BGS war, dass dieser erst durch die Ausreise auf die Frau aufmerksam geworden war. Normalerweise kommt ein Ausländer in Haft, wenn er ohne Papiere angetroffen wird, und es wird ein Strafverfahren wegen illegalen Aufenthaltes eingeleitet. Das wird im Behördencomputer registriert. Beim Versuch, erneut ins Bundesgebiet einzureisen, wird die Person dann an der Grenze abgewiesen.

Im Falle von Georgia G. aber gab es noch kein Strafverfahren, weil sie bisher unentdeckt war. Und da selbst die Staatsanwaltschaft es als absurd angesehen hätte, sie an der Ausreise zu hindern und in Untersuchungshaft zu nehmen, wurden eben bei der Ausreise auf dem Flughafen die Ermittlungen eingeleitet – und deren angebliche Kosten in Höhe von 1500 Euro gleich bar abkassiert.

„Es kann nicht sein, dass jemand illegal hier lebt und dafür ungestraft bleibt“, sagt BGS-Sprecher Rüdiger Carstens. Vor einem deutschen Gericht wird sich die Kamerunerin wegen Verstoßes gegen das Ausländerrecht aber nicht verantworten müssen: Die Wiedereinreise ist ihr ja verwehrt.

Ibrahim K. sitzt in der Türkei in Haft. Der Halter des Kampfhundes „Zeus“, welcher vor zwei Jahren in Wilhelmsburg einen sechsjährigen Jungen totgebissen hatte, wurde nach seiner Abschiebung am Mittwoch auf dem Istanbuler Flughafen festgenommen, weil er keinen Ausweis vorlegen konnte. Das berichtete gestern die halbamtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu.

Die Hamburger Ausländerbehörde hatte Ibrahim K. aus seiner Haft heraus abgeschoben (taz berichtete). Er hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten abzusitzen, weil er seinen und den Kampfhund seiner Freundin vor zwei Jahren trotz bekannter Gefährlichkeit ohne Leine ausführte und die Hunde den sechsjährigen Volkan getötet hatten. Bis Ende diesen Jahres hätte er im Gefängnis sitzen müssen.

Die Behörden haben stattdessen entschieden, Ibrahim K. abzuschieben, das Oberverwaltungsgericht hat dies gebilligt: Aus „generalpräventiven Erwägungen“ bestehe ein „dringendes Bedürfnis, über eine strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten“.

Offenbar haben die Hamburger Behörden die Abschiebung aber nur soweit vorbereitet, dass Ibrahim K. türkisches Staatsgebiet betreten durfte. Papiere für den dortigen Aufenthalt hingegen hatte er nicht. „Wir sind nur verpflichtet, Papiere für die Heimreise zu beschaffen“, sagt Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde. „Alles weitere ist Sache der türkischen Behörden.“ Mit der Beantragung der Abschiebepapiere hätte das Hamburger Amt alles erforderliche getan, „mehr gibt es nicht“.

Ibrahim K. hat noch nie in dem Land gelebt, dessen Staatsangehörigkeit er hat und das ihn nun als unerwünschte Person verhaftete. Er ist in Deutschland geboren und aufgewachsen.

ELKE SPANNER