chronik eines angekündigten mordens von WIGLAF DROSTE
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Der Krieg der USA gegen den Irak ist längst beschlossene Sache, nur der letztgültige Vorwand und der genaue Anfangstermin wurden noch nicht bekannt gegeben. Die Haltung der in überwiegender Zahl kaum kriegslustigen Europäer spielt für die Vereinigten Staaten des George W. Bush dabei so gut wie keine Rolle. Deshalb könnten Gerhard Schröder und Joseph Fischer ganz gefahrlos eine Haltung zeigen, wenn sie denn eine hätten. So müssen sie sich mit dem Gegenteil bescheiden: einem gut eingeübten Nein-Ja-Spielchen.

Dabei hätten die beiden Duodezkameraden außer etwas Restprestige wirklich nichts zu verlieren – dass sie aber für genau dieses bisschen international aufgepeppte Mitläuferei über anderer Leute Leichen gehen, haben sie in den letzten Jahren bei ausnahmslos jeder angebotenen Gelegenheit bewiesen.

So lange es Hoffnung gibt, gibt es auch Idiotie. Die rot-grün-blinde Klientel lässt sich, das ist ebenfalls hinreichend belegt, noch über jeden Leisten ziehen. Teil der rituellen Überzeugungsarbeit und der simulierten Entscheidungsfindung ist das Geächze, wie schwer man es sich damit doch mache. Das ist gut fürs Gefühl, und deshalb müssen Schröder und Fischer hin und wieder rhetorisch-pazifistisch vorturnen. Lust haben sie dazu längst nicht mehr, das merkt man ihren matten Pflichtübungen an. Doch so sehr sie sich auch beide von ihrer jeweiligen Partei gelöst haben: Ab und zu brauchen sie die Deppinnen und Deppen von der Basis. Und die kommen brav angelaufen, je nach Temperament schwanzwedelnd oder, noch schnuffiger, sogar kritisch schwanzwedelnd. In einem Punkt sind sich rot-grüne Basis und Führung inniglich nah: Auf die Idee, dass man, wenn man schon nichts gegen eine Sache tun kann, die man nicht haben will, dabei wenigstens nicht mitmachen muss, kommen sie nicht. Das ist vorbei, in Grund und Boden denunziert.

Zum Diskreditieren all dessen, was seinem Ehrgeiz in die Quere kommt, hat der Politiker Journalisten. Viel zu wenige dieser willigen Helfer sind durch die jüngste Anzeigen-, Verlags- und Zeitungskrise arbeitslos geworden. Zwei routinierte Konjunkturtexter, Henryk Broder und Reinhard Mohr, werden in den nächsten Monaten ihre Artikel aus den letzten zwölf Jahren recyceln: Deutsche Pazifisten – Mörder und Faschisten! Zum Aufmöbeln ihrer Kurzware können sie sich auch in der taz bedienen: In dieser Zeitung wurde der Begriff „Erinnerungspazifismus“ geprägt, im selben Text war die Rede von einer „Kriegsangst, die eher psychologisch als politisch“ sei. Will heißen: Wer aus der persönlichen Erfahrung des Krieges heraus Kriegsgegner wird, hat eben das Falsche erlebt und tendiert ins Senile; wer Krieg nicht für ein Mittel der Politik hält, sondern verabscheut, kann dem Psychiater zwangsvorgeführt werden.

Das Krepieren der anderen hat noch gar nicht richtig angefangen, aber das Gerangel um die Startplätze ist schon im Gange: Journaille macht sich warm. Krieg hält das Geschäft in Schwung / und den Journalismus jung.