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Archiv-Artikel

Neuer Bürgerbeauftragter für Europa

Der griechische Wissenschaftler Nikiforos Diamandouros ist zum EU-Obmann gewählt worden

Der Favorit hat gewonnen. Am Mittwoch wurde der griechische Politikprofessor Nikiforos Diamandouros vom EU-Parlament zum neuen europäischen Bürgerbeauftragten gewählt. Zuletzt war nur noch ein Konkurrent im Rennen, der britische konservative Europaabgeordnete Roy Perry. Die Mehrheit von 294 Parlamentariern zog aber einen Kandidaten außerhalb der europäischen Institutionen vor.

Als nationaler Ombudsmann für Griechenland hat der heute sechzigjährige Diamandouros seit 1998 Erfahrung für seine neue Aufgabe sammeln können. Vorher arbeitete er als Politikprofessor und Sozialforscher.

Als Spezialist für „demokratische Institutionen“ hat der Wissenschaftler, der fließend Englisch, Französisch und Italienisch spricht, in Griechenland das Amt des Bürgerbeauftragten nach nordeuropäischem Vorbild vor fünf Jahren selbst eingerichtet. Das in Maastricht 1992 von den EU-Staatschefs ersonnene Amt des europäischen Ombudsmannes sollte damals eine Krankheit lindern helfen, die bis heute noch nicht ausgemerzt ist: die Bürgerferne der europäischen Institutionen.

1995 wurde der Finne schwedischer Abstammung Jacob Söderman zum ersten Bürgerbeauftragten gewählt und 1999 für eine weitere Amtszeit bestätigt. Mit einer kleinen Abteilung von dreiundzwanzig Mitarbeitern bearbeitet der Ombudsmann Briefe empörter Bürger, die sich von den europäischen Institutionen schlecht behandelt fühlen. Seine Hilfe wird immer häufiger in Anspruch genommen – nicht weil die EU-Verwaltung ruppiger als früher mit den Bürgern umginge, sondern weil sich herumspricht, dass es eine Stelle in Straßburg gibt, wo man sich direkt beschweren kann.

Zum Abschied hat Söderman, der dieses Jahr fünfundsechzig Jahre alt wird, ein erweitertes Auskunftsrecht angemahnt. Bislang können Rat, Kommission und Parlament Dokumente zurückhalten, wenn „berechtigte Gründe“ vorliegen. Dieser Gummiparagraf, so wünscht sich der Finne, soll seinen Nachfolger nicht mehr bei der Arbeit behindern.

Diamandouros hat sich in seinem Bewerbungsschreiben ans Europaparlament vor allem als herausragender Politologe empfohlen. Er leitet eine Abteilung des Sozialwissenschaftlichen Forschungsrats in New York und gibt in Griechenland eine „Reihe über das Neue Südeuropa“ heraus. Ob bei diesen Verpflichtungen in Athen und Übersee genug Zeit für die Sorgen und Probleme der europäischen Bürger bleibt, wird sich zeigen.

In den kommenden achtzehn Monaten hat das Parlament Gelegenheit, seine Arbeit in Straßburg genau unter die Lupe zu nehmen. Denn wenn im Sommer 2004 das Europaparlament neu gewählt wird, muss auch der Ombudsmann durch die neuen Abgeordneten ein weiteres Mal bestätigt werden.

DANIELA WEINGÄRTNER