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Archiv-Artikel

Die Möchtegern-Ströbele

Margarete Bause will nach Christian Ströbele als zweite Grüne in Deutschland ein Direktmandat gewinnen, in München-Schwabing. Bei der letzten Wahl erhielt sie dort gerade mal 18 Prozent. FOTO: AP

Größere Verwerfungen zwischen Bayern und China sind in letzter Zeit nicht ruchbar geworden. Margarete Bause will in München-Schwabing ein Direktmandat gewinnen, als Grüne, in Bayern, sie druckt ihr Ziel auf ihre Wahlplakate. Vor kurzem hat sie sich erfolgreich mit China angelegt – vielleicht klappt es auch mit der CSU.

Der chinesische Konsul hatte ihr mit tiefgreifenden Konsequenzen zwischen Bayern und dem Reich der Mitte gedroht, sollte sie sich mit Vertretern der dort unterdrückten Minderheit der Uiguren in München treffen. Sie tat es, stellte Strafanzeige wegen Spionage beim Bundeskriminalamt – wie sonst hätten die Chinesen davon wissen sollen?

Genauso ungerührt bekämpft sie nun die CSU, obwohl sie deren Direktkandidaten Ludwig Spaenle im Jahr 2003 noch mit 18 zu 41 Prozent unterlegen war. Egal. Sie setzt auf ihre Popularität. Bereits 1986 saß sie zum ersten Mal für die Grünen in den Landtag, sie war zweimal Landesvorsitzende, seit 2003 ist sie Fraktionschefin. Bause hat ein Plakat gedruckt, auf dem sie mit roter Mähne ihren Bizeps zeigt, alles ohne Bildbearbeitung, selbst antrainiert. „Ich muss im Wahlkampf ständig meine Muskeln zeigen“, sagt die 49-Jährige, ganz ohne bayerischen Akzent.

CSU-Mann Spaenle setzt tiefe Mundart dagegen und streift mit einem T-Shirt mit dem Aufdruck „Rettet die Eisbachwelle“ durch Schwabing – die berühmte stehende Welle dient im Englischen Garten Surfern als Ozean-Ersatz, was die CSU verbieten lassen wollte. „Manche Menschen kommen mit Themen vor ihrer Haustüre“, sagt dagegen die studierte Soziologin Bause, „das Wichtigste ist für viele aber das Thema Bildung.“ Auch das umstrittene neue Versammlungsrecht in Bayern ist einer ihrer Schwerpunkte: Vor kurzem hat sie die CSU genervt, als sie bei der Abstimmung eine siebenstündige Debatte erzwang. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagt sie zu dem Schelmenstreich.

Jetzt rudert sie bei einem umstrittenen Beschluss des letzten Landesparteitages zurück: Demnach sollten keine Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern mehr erlaubt sein. Der Augsburger Bischof Walter Mixa watschte die Grünen als Gefahr für den religiösen Frieden ab. Nun will Bause auf dem Parteitag nach der Wahl nochmals abstimmen lassen.

Religiöse Tradition bayerischer Art ist ihr aber fremd: Zwar ist sie in Niederbayern auf einem Hof bei Landshut aufgewachsen, ihr Vater kam jedoch aus Thüringen, die Mutter ist Sudetendeutsche. „Als ich 18 war, bin ich mit dem Tierarzt durch Nordbayern gefahren und habe bayerische Ferkel zur Welt gebracht“, sagt Bause. „Aus der Zeit hab ich meinen ganz eigenen Kopf.“ INGO ARZT