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Archiv-Artikel

Blühende Landschaften kein Thema

Eichel und Schröder werden im Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ erst nach den Landtagswahlen gehört. Bis dahin wird geklärt, wie zuverlässig Konjunkturprognosen sind. SPD: „Reine Zeitverschwendung“. Union froh, dass es nicht um Kohl geht

aus Berlin ULRIKE HERRMANN

Gestern tagte erstmals der Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ – und schon gab es ein „konstruktives Ergebnis“: Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wird „spätestens“ am 13. März vernommen. Er muss sich dann als erster Zeuge befragen lassen, ob die Bundesregierung vor der Wahl 2002 „Bundestag und Öffentlichkeit … falsch oder unvollständig informiert“ hat. Bundeskanzler Gerhard Schröder soll seinem Finanzminister „möglichst zeitnah“ folgen – allerdings sei „noch nicht klar, wann und zu welchem Thema“, so SPD-Obmann Dieter Wiefelspütz.

Die Union hätte Eichel gern noch vor den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am 2. Februar vernommen – aber dies war gegen die rot-grüne Ausschussmehrheit nicht durchzusetzen. Wiefelspütz meldete zufrieden, dass dieser „Klamauk“ den Ausschuss nicht lange beschäftigt habe.

Doch umgekehrt konnte auch CDU-Obmann Peter Altmaier einen Verhandlungserfolg vorweisen: „Die Strategie von Rot-Grün ist zusammengebrochen, alle Wahlen seit 1990 zu untersuchen.“ Und er drohte offen damit, doch noch das Bundesverfassungsgericht anzurufen, falls die SPD auch die CDU-Wahlversprechen untersuchen wolle. Dies wäre formal möglich: Kurz vor Weihnachten hat die rot-grüne Bundestagsmehrheit den Untersuchungsgegenstand des Ausschusses um die Wahlaussagen der Union „ergänzt“ – gegen den Willen der Opposition, die ihre Verfassungsrechte als Minderheit verletzt sieht.

Wiefelspütz wiegelte gestern ab: Es sei „völlig offen, inwieweit von der Erweiterung Gebrauch gemacht wird.“ Jedenfalls gebe es „bislang keinen Beweisantrag“. Ihn würde es „gar nicht interessieren, blühende Landschaften zu besichtigen“. Grünen-Obmann Jerzy Montag kann sich allerdings vorstellen, die Unionspolitiker „Stoiber, Faltlhauser und Koch zu laden“. Bei Bedarf. Doch, so Wiefelspütz, wolle man mit der Ergänzung „nicht ablenken“. Sie sei „nur dazu da, das Jahr 2002 zu erhellen“.

Zunächst einmal sollen fünf Sachverständige aus Wirtschaftsforschungsinstituten erhellend wirken. Sie werden in der nächsten Sitzung am 30. Januar befragt, wie zuverlässig Konjunkturprognosen sind. Für Altmaier ist dies nur ein taktisches Manöver, um Eichels Auftritt oder eine Akteneinsicht noch vor den Landtagswahlen zu verhindern. Süffisant merkte der CDU-Obmann an, dass dem Finanzminister wohl ein „Entlastungsbeweis nicht zugetraut“ werde. Eichels Zögern, vor dem Ausschuss zu erscheinen, sei „nicht angetan, seine Position sehr stark erscheinen zu lassen“.

Insgesamt wurden „drei Körbe“ gebildet: Bis Ostern wird über die „Wahllügen“ zu Wirtschaft und Haushalt beraten, danach sollen die Themen Krankenkassen und Gesundheit und schließlich die Rente folgen. Allerdings ist der grüne Obmann Jerzy Montag „fest der Meinung, dass es zu den Körben 2 und 3 nicht mehr kommen wird“. Das Interesse der Union werde schnell erlahmen: „Bezüglich Riester und Schmidt gibt es noch nicht einmal einen Antrag.“ Bisher liegen knapp 40 Beweisanträge vor, die sich zumeist auf Akteneinsicht beziehen. Sie wurden „überwiegend einvernehmlich“ beschlossen, so Wiefelspütz.

Bis zum Sommer, da sind sich alle einig, soll die Beweisaufnahme abgeschlossen sein. Allseits strebt man an, dass der Untersuchungsausschuss noch in diesem Jahr seine Arbeit beendet. Wiefelspütz war sogar so optimistisch, auf eine abschließende Plenardebatte im August zu hoffen. Schließlich sei der Ausschuss „überflüssig und reine Zeitverschwendung“.