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Archiv-Artikel

EU-Doppelkopf umstritten

Bedenken gegen deutsch-französischen Vorschlag eines Ratspräsidenten auf Augenhöhe mit EU-Kommissionschef

BRÜSSEL/BERLIN dpa/ap ■ Die EU-Kommission ist strikt gegen die Wahl eines ständigen Präsidenten im Rat der Mitgliedstaaten. Ein solcher Posten würde eine Reihe von Problemen aufwerfen, sagte KommissionssprecherJonathan Faull gestern in Brüssel zu den Vorschlägen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac. Mehrere Mitgliedstaaten teilten diese Bedenken. Faull zitierte dazu Belgiens Premier Guy Verhofstadt, der eine Unterbeschäftigung des Ratspräsidenten in Zeiten zwischen den Gipfeln voraussah. Faull befürchtet zudem, die Macht der Brüsseler Behörde könnte zugunsten eines Ratspräsidenten beschnitten werden.

Im Konvent zur EU-Reform will die Kommission Anfang nächster Woche aber keinen Widerstand gegen die deutsch-französischen Vorschläge organisieren. Das Schröder-Chirac-Papier enthalte neben der kritisierten Idee eines gewählten Ratspräsidenten auch positive Aspekte.

In Berlin stieß der Vorschlag ebenfalls auf Bedenken. Unionsfraktionschefin Angela Merkel forderte gestern, ein ständiger EU-Ratspräsident dürfe nicht „der heimliche Herrscher über alle Institutionen in Europa werden“. Ihr Vize Wolfgang Schäuble plädierte erneut statt einer Doppelspitze für einen gemeinsamen Präsidenten für Rat und Kommission. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt regte an, es könne sinnvoller sein, statt einen Ratspräsidenten einzusetzen, die Rolle des Kommissionspräsidenten zu stärken.

Der britische EU-Politiker Denis MacShane begrüßte dagegen die Idee einer Doppelspitze. Die Sorge, Deutschland strebe nach einem übermächtigen Politiker an der EU-Spitze, seien damit vom Tisch. Den Vorschlag für einen EU-Außenminister nannte MacShane interessant und im Sinne der britischen Regierung.