: Soziale Rendite mit Rente
Private Altersvorsorge auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: Welchen Einfluss haben Kapitalanleger mit ökologischem Investment? Einflussnahme der Investoren ist eine Herausforderung für Unternehmen
Gute Vorsätze begleiten die Bundesbürger in das neue Jahr. Einer der Vorsätze mag gewesen sein, sich endlich um die eigene Altersvorsorge zu kümmern; ein anderer, sich stärker im Umweltschutz zu engagieren. Noch besser wäre es, beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und mit der privaten Altersvorsorge auch einen Beitrag für die Umwelt oder eine nachhaltige Entwicklung zu leisten.
Doch inwiefern können nachhaltige Altersvorsorgeprodukte zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? Bei nachhaltigen Geldanlagen wie Investmentfonds oder Direktbeteiligungen, die auch Teil einer nachhaltigen Altersvorsorge sein können, sind die Lenkungswirkungen bekannt: Anschubfinanzierung, Finanzierungseffekte zugunsten umweltfreundlicher Unternehmen sowie ökologische Beeinflussung des Unternehmensmanagements.
Mit der von vielen als nicht ausreichend kritisierten ökologischen und sozialen Berichtspflicht für die Anbieter von Altersvorsorgeprodukten im Rahmen der Rentenreform wurde versucht, diesen Erkenntnissen Rechnung zu tragen; das Marktvolumen nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland sollte dadurch erhöht werden. Und ein hohes Marktvolumen ist wohl auch notwendig, wenn man sich über die Wirkungen dieser Produkte unterhält. Denn tatsächlich wird vor allem davon ein höherer Beitrag zur Nachhaltigkeit erwartet.
Vor allem Investoren wie Pensionsfonds und Versicherungen könnten auf Grund der Rentenreform zukünftig über dieses Kapital verfügen. Sie könnten also ihren Einfluss geltend machen und an die Unternehmen Ansprüche formulieren, die dazu beitragen, die Unternehmenspolitik auch nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten zu gestalten.
Diesem so genannten Engagement-Ansatz (auch: Shareholder Activism) wird eine hohe Bedeutung zugemessen. Bislang wird er vor allem im angloamerikanischen Raum für eine gezielte Einflussnahme auf Unternehmen genutzt, während er im deutschsprachigen Raum noch in den Kinderschuhen steckt. Dies beruht allerdings nicht darauf, dass diese Möglichkeit der Einflussnahme nicht bestünde. Vielmehr fehlte bislang aufgrund des umlagefinanzierten Rentensystems die starke Position beispielsweise von Pensionskassen; auch existieren in Deutschland andere auf die Unternehmen Einfluss nehmende Organe wie Gewerkschaften. Die Unternehmen selbst sind sich dessen bewusst, dass eine gezielte Einflussnahme durch die Shareholder eine neue Herausforderung wäre.
Gleichzeitig treten die Unternehmen aufgrund der Auswahl- und Bewertungsverfahren grundsätzlich aller nachhaltigen Investmentformen in einen kontinuierlichen Wettbewerb untereinander und damit in einen Verbesserungsprozess, der ihre ökologische und soziale Performance steigen lässt. Die Anbieter nachhaltiger Altersvorsorgeprodukte sollten jedoch heute schon die Wirkungen ihrer Produkte verdeutlichen und Indikatoren entwickeln, um den tatsächlichen Beitrag der Investmentprodukte in quantitativen Angaben darzustellen (zum Beispiel Reduktion von Emissionen, geschaffene Arbeitsplätze, Beitrag zur Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen) und bekannt zu machen. Eine Forderung, deren Umsetzung bislang noch auf sich warten lässt. Nachhaltigkeit geht aber über eine Verbesserung der Umwelt- und Sozialperformance in den Industrienationen hinaus. Es gilt auch, die Lebenssituation in den Entwicklungs- und Schwellenländern dauerhaft zu verbessern. Dieser Forderung trägt bislang keines der etablierten Nachhaltigkeitsprodukte Rechnung, da in der Regel in diesen Ländern nicht investiert wird. Da es aber gerade dort oft an Finanzierungsinstrumenten für die Bevölkerung fehlt, könnten zum Beispiel nachhaltige Investmentprodukte den Anspruch verfolgen, Mikrokredite für diese Bevölkerung zu ermöglichen und damit Projekte zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen.
Beispielhaft für ein solches Produkt ist ein Investmentfonds für Mikrofinanz, wie er gerade in der Schweiz entwickelt wird. Dieser Fonds wird in Lateinamerika, Afrika, Asien sowie Ost- und Zentraleuropa investieren. Er soll zeigen, dass das Risiko für Investoren vertretbar ist und neben einer finanziellen Rendite eine klare „soziale Rendite“ generiert werden kann.
Gerade der Altersvorsorge spricht man aufgrund des langfristigen Zeithorizontes eine besondere Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung zu. Die Wirkung, die nachhaltige Altersvorsorgeprodukte, aber auch die bekannten nachhaltigen Geldanlagen entfalten sollen, erfordert allerdings die Entwicklung neuer Produkte, die beispielsweise eine Beteiligung bei nicht börsennotierten innovativen Unternehmen einschließen oder aber in ebenjene Entwicklungs- und Schwellenländer investieren.
Für 2003 hat auch der Marktführer Allianz ein nachhaltiges Riester-Produkt angekündigt. Es ist zu wünschen, dass diese Aspekte in den neu geschaffenen Produkten schon berücksichtigt sind. Denn gerade durch die Verbindung von Kapital, zielgerichtetem Investment und aktiver Einflussnahme könnten die Renten einen zusätzlichen Beitrag dazu leisten, tragfähige ökologische und soziale Systeme zu gestalten und damit die Lebensqualität dauerhaft zu verbessern. Und schließlich können die Anleger ihre guten Vorsätze in die Tat umsetzen und mit ihrem Geld einen Beitrag zur Stärkung und damit auch zur Wirkung einer nachhaltigen Altersvorsorge leisten. BEATE SCHMITT
Die Autorin ist Mitarbeiterin des Öko-Instituts. Dort führt man derzeit das Projekt „Private Altersvorsorge auf dem Weg zur Nachhaltigkeit“ durch