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Archiv-Artikel

un und menschenrechte Vorrang hat das politische Kalkül

In diesen Zeiten steht es nicht gut um die Menschenrechte. Im Streit um den Vorsitz der UN-Menschenrechtskommission in Genf haben wieder einmal politische Kalküle die Oberhand gewonnen. Zurückstehen musste das Ziel, eine weltweite Menschenrechtspolitik durchzusetzen. Das ist bei einem so heterogen zusammengesetzten Gremium nicht verwunderlich, dem neben Libyen, den USA und 47 anderen Staaten auch so illustre Verfechter des Anliegens angehören wie China, Russland, Simbabwe oder Saudi-Arabien.

Kommentar von BERND PICKERT

Der Idee der Unteilbarkeit der Menschenrechte widerspricht allein schon diese Mitgliedsliste. Nur: Ein Organ der Vereinten Nationen kann nicht wesentlich anders funktionieren, als die Realität in den Staaten der Welt es zulässt. Die Menschenrechtskommission ist der UN-Menschenrechtscharta verpflichtet – doch wenn ihr nur Staaten angehören dürften, die diese vollständig umsetzen, würde in Genf niemand mehr tagen.

Daher folgt die Kommission den UN-Regularien: Mit Vorschlagsrecht ausgestattet, hat die afrikanische Regionalgruppe Libyen als Vorsitzenden vorgeschlagen. Die USA haben das abgelehnt und eine Abstimmung gefordert, bei der sie unterlagen. Die libysche Regierung will ihren alten Paria-Status ablegen und ihr politisches Gewicht in Afrika zeigen. Das wollen die USA verhindern. Um Menschenrechte geht es bei alledem nicht.

Immerhin: Die Zeiten, als zweifelhafte Regime der so genannten Dritten Welt die Menschenrechte als eine Art kulturellen Nord-Süd-Konflikt aufbauten, scheinen vorbei. Linke Regierungen folterten mit dem Argument, dafür seien in der vor Dissidenz zu schützenden revolutionären Gesellschaft die sozialen Menschenrechte garantiert, die der Westen mit Füßen trete; religiös verbrämte Diktaturen erklärten die Menschenrechte zum westlichen Konzept, das der jeweiligen Glaubenslehre nicht zuträglich sei. Heutzutage machen solche Regime in den Gremien mit, statt sie zu ignorieren.

Damit gewinnen diese Organe zwar nicht an Schlagkraft. Wer selbst die Menschenrechte verletzt, kann nicht glaubwürdig gegen andere Klage führen. Aber bitte schön: In einer Zeit, da in den USA offen über die Anwendung der Folter diskutiert wird und der Westen trotz Massenmetzeleien in Tschetschenien die Freundschaft mit Russland feiert, kann wohl auch Libyen die Menschenrechtskommission leiten. Das, möchte man seufzen, ist dann auch schon egal.

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