Wächst und wächst und wächst

Windenergiebranche vermeldet erneut ein Rekordjahr und mittlerweile 130.000 Jobs. Bundesregierung will Offshore-Förderung stärken, Onshore-Förderung aber schwächen

BERLIN taz ■ Wirtschaftskrise? Welche Wirtschaftskrise? Die Windenergiebranche feierte auch 2002 Rekordzuwächse. Mit bundesweit 2.328 neuen Windmühlen wurde die installierte Gesamtleistung auf 12.000 Megawatt geschraubt – ein Zuwachs von 37 Prozent. Nach der vom Bundesverband für Windenergie gestern in Berlin vorgestellten Bilanz erzeugen jetzt 13.759 Anlagen 4,7 Prozent des deutschen Nettostromverbrauchs. In Schleswig-Holstein liegt der Anteil sogar bei 28 Prozent.

„Windkraft wird zunehmend zum Beschäftigungsmotor für kleine und mittelständische Unternehmen“, erklärte Norbert Giese, Vorsitzender der Sparte Wind im Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau. 130.000 Menschen seien bereits in diesem Industriezweig beschäftigt. Und so soll es weitergehen: Auf 10 Prozent will die Branche bis 2010 ihren Anteil am Gesamtstrommarkt erhöhen. „Das Wachstum ist allerdings begrenzt. Auf dem Land sind die möglichen Standorte bereits gut zur Hälfte belegt, 2010 sind sie ausgeschöpft“, erklärt Peter Ahmels, Präsident des Bundesverbandes Windenergie. Deshalb sei klar, dass „Windkraft auch langfristig nur ein Additiv, kein Ersatz sein kann“.

Viel Hoffnung verknüpft die Branche deshalb mit den Offshorestandorten in Nord- und Ostsee. Zwei Parks in der Nord- und Ostsee sind mittlerweile genehmigt. Allerdings ist die technische Entwicklung – 5 Megawatt-Windräder gelten als notwendige Technologie, um die Parks wirtschaflich betreiben zu können – noch nicht so weit wie eigentlich vorgesehen. Giese kritisierte, dass Großbritannien, Schweden und Dänemark mit der Entwicklung der Großanlagen weiter seien. Das von Bundesumweltminister Jürgen Trittin vorgegebene Ziel, bis 2006 mit Offshoreanlagen 500 Megawatt zu erzeugen, hält deshalb Fritz Vahrenholt, Geschäftsführer der Repower AG, für „zu optimistisch“.

Trotzdem bleibt der Standort Deutschland auch für internationale Windkraftanleger günstig, „und zwar durch die Rechtssicherheit bei der Vergütung“, erläuterte Giese. Pro Kilowattstunde Strom müssen die Versorger den Erzeugern fünf Jahre lang wenigstens 9,1 Cent bezahlen. Danach sinkt der Betrag. Die Bundesregierung hat allerdings angekündigt, dass sich die Vergütungssätze ändern werden: Windstarke Standorte sollen weniger gefördert werden, schwache dagegen mehr. Für die Offshoreanlagen sollen die Regelungen aber verbessert werden.

Für Fritz Vahrenholt haben die gestern vorgestellten Zahlen neben dem Rekordcharakter aber auch noch einen anderen: „Wir sind keine politisch korrekten Ökofuzzis mehr, sondern ein Wirtschaftsfaktor, an dem niemand mehr vorbeikommt.“

INA KÖHLER

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