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Archiv-Artikel

Rätsel Briefkasten: Geleert oder nicht?

Post ignoriert einfach eine Verordnung. Die nächste Leerung wird nicht angezeigt. Bürgerinitiative mobilisiert

BERLIN taz ■ Ein Jahr lang hatte die Post Zeit, ihre Briefkästen umzurüsten. Doch noch immer können vielerorts die Kunden nicht erkennen: Ist der Kasten noch voll –oder schon geleert?

Früher war das anders. Da markierten die Post-Mitarbeiter mit so genannten Drehkränzen die Zeit der nächsten Leerung. Wer dann etwa um viertel nach fünf zum Briefkasten gehetzt kam, auf dem 17 Uhr als „nächste Leerung“ angegeben war, der wusste Bescheid: Mein Brief geht noch mit.

Heute hat die Post die meisten Drehkränze entfernt: Sie seien zu anfällig. Und einen Hersteller gebe es auch nicht mehr. So ist derzeit zwar immer angegeben, wann standardmäßig die „letzte Tagesleerung“ sein wird. Doch die Leerungszeiten sind nicht überall komplett notiert. Und ob der Postbeamte schon da war, sieht man nur noch im Ausnahmefall. Dabei wurde die so genannte Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) bereits vor einem Jahr geändert: Die Post muss danach auf ihren Briefkästen nicht nur alle Termine der Leerung angeben, sondern auch, wann der Postwagen tatsächlich das nächste Mal vorbei kommt.

Die PUDLV sieht vor, dass die Umstellung zum 1. Januar dieses Jahres abgeschlossen sein sollte. „Doch geschehen ist nichts“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel der taz. Das Beiratsmitglied der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post kritisiert: „Eine Umrüstung kann man vielleicht nicht in fünf Wochen schaffen, aber ein Jahr wäre mehr als genug Zeit gewesen.“

Die Regulierungsbehörde könnte allerdings eine Ordnungswidrigkeit feststellen, sollte die Post ihre Briefkästen nicht umrüsten, und ihr 500.000 Straf-Euro aufbrummen. Aber die Behörde scheint es nicht eilig zu haben. Eine Sprecherin meinte gegenüber der taz: „Wir gehen davon aus, dass sich die Deutsche Post AG bemüht, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.“

Dieses Bemühen kann noch dauern: „Ein genauer Termin, wann die Briefkästen umgerüstet sein werden, steht noch nicht fest“, sagt Monika Siebert von der Postzentrale in Bonn. „Wir suchen noch nach einem geeigneten System, das die alten Drehkränze ersetzen kann.“ Und dann seien da ja noch die Kosten zu berücksichtigen – schließlich ist die frühere Behörde heute eine Aktiengesellschaft. Gleichzeitig betont Siebert: „Die Kunden können sicher sein, dass die Briefkästen nicht vor der angegebenen Zeit geleert werden.“ Ein internes Kontrollsystem stelle das per Scanner sicher.

„Ein internes System allein bringt dem Kunden nichts“, meint dazu Gerhard Saborowski von der Bürgerinitiative Waldheim e. V. Der Rentner war maßgeblich daran beteiligt, dass die PUDLV geändert wurde. Und Klaus Barthel mahnt an: „Ein Fastmonopolist sollte nicht nur auf die Kosten schauen.“ Briefe bis 50 Gramm darf bis zum Jahre 2007 ausschließlich die Deutsche Post befördern.

Damit die Post dieses befristete Quasimonopol nicht lange ausnutzen kann, hat Gerhard Saborowski schon viele Briefe geschrieben. Mit Erfolg: Der Beirat der Regulierungsbehörde verlangte daraufhin einstimmig von der Behörde, die Vorgabe der geänderten PUDLV nun endlich durchzusetzen. DIETER GLÄSENER