hamburg heute : West-östliche Klänge
Olivier Messiaen und Toshio Hosokawa ergründen Anfang und Ende der Zeit
Gewaltig, immens, bombastisch – unvermeidlich fallen diese Vokabeln, wenn von Olivier Messiaens Werk „La Transfiguration de notre Seigneur Jésus Christ“ die Rede ist, das heute mit 200 Musikern und Sängern im großen Saal der Laieszhalle aufgeführt wird. Delikater ist das Programm im kleinen Saal: Das „Quatuor pour la fin du temps“ erfordert lediglich Klavier, Klarinette, Geige und Cello. Das waren die einzigen Instrumente, die im Kriegsgefangenenlager Görlitz aufzutreiben waren, wo Messiaen das Stück 1940 komponierte.
Knapp 5.000 Mitgefangene hörten im eisigen Winter die herzerwärmenden Klänge dieses frühen Stücks, das schon den ganzen Messiaen enthält: Vogelstimmen, von denen der Ornithologe Messiaen angeblich 600 verschiedene unterscheiden konnte, schillernde Farbigkeit, palindromische, an ihren Ausgangspunkt zurückkehrende Rhythmen und extreme Tempi. Etwa das „infiniment lent“ des fünften Satzes, einer Meditation von Klavier und Cello von seltener musikalischer Intensität und metaphysischem Ernst.
Ergänzt wird das Programm mit einem Stück des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa: „Stunden-Blumen“ folgt in der Instrumentalisierung Messiaens „Quartett für das Ende der Zeit“, möchte aber laut Komponist „den Anfang der Zeit“ berühren. Das Stück hebt mit einem einzelnen Ton an, entfaltet sich – und fällt wieder zusammen. An eine Lotusblume, sagt der Komponist, habe er dabei gedacht. Und so still wie die Wasser, auf denen diese Blumen blühen, ist auch das Werk: immer am Rande des Schweigens. Kommt einmal ein Mezzo-Forte, wühlt das dann auf wie ein Tsunami.MAXIMILIAN PROBST
19.15 Uhr: Einführung; 20 Uhr: Konzertbeginn. Laeiszhalle, Kleiner Saal