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Archiv-Artikel

Morgenluft statt Sonnenuntergang

Die Hamburg Freezers sind nach dem 5 : 2-Erfolg gegen Straubing mit fünf Siegen in Folge die derzeit erfolgreichste Mannschaft der Deutschen Eishockey Liga. Sie erleben damit den besten Saisonstart ihrer Vereinsgeschichte

Weniger Zeitstrafen, verbessertes Power-Play, aggressiveres Unterzahlspiel – alles Humbug, Schall und Rauch. Der wahre Grund für den sportlichen Aufschwung der Hamburg Freezers, die am Freitagabend mit 5 : 2 gegen die Straubing Tigers gewannen und mit fünf Siegen in Folge aktuell die erfolgreichste Mannschaft der Deutschen Eishockey Liga (DEL) sind, liegt selbstredend im Liedgut. „Vorhang auf für die Retter des Sonnenuntergangs“ heißt das Werk des Hamburger Sängers Carsten Pape, der – anders als bei den Fußball-Spielen des Hamburger SV – bei den Heimspielen der Freezers immerhin ohne seinen Kumpel Lotto King Karl auftritt.

„Vorhang auf für die Retter des Sonnenuntergangs“ – das klingt nach fernöstlicher Melodramatik. Ganz so schlimm kommt es, rein textlich, dann aber doch nicht. Mondkälber oder Morgentau kommen in dem Lied nicht vor. Dafür heißt es: „Wir stehen nicht auf der Welt, wir schweben, und wenn wir mal verlieren, so ist nun mal das Leben.“ Niederlagen allerdings sind den Freezers in den vergangenen Wochen erspart geblieben. Die Mannschaft des egozentrischen Freezers-Trainers Bill Stewart kurvt auf ihren Kufen derzeit von einem Erfolg zum nächsten.

Dabei hatte es zu Beginn der Saison noch danach ausgesehen, als würde es auch dieses Mal wieder so werden, wie auch schon in den vergangenen Jahren. Stets hatte der Freezers-Manager Boris Capla vor dem Saisonstart davon gesprochen, dass die Hamburger Kühlschränke das Zeug zur Meisterschaft besäßen. Jedes Mal hielt es sich mit den Freudenfesten auf dem Planet Ice doch sehr im Rahmen. Und im Frühjahr setzte stets viel zu zeitig Tauwetter ein und ließ nach dem Ausscheiden aus den Play-off-Spielen nur noch die Hoffnung auf die nächste Saison.

Nach den ersten beiden Partien in dieser Saison, die gegen Kassel und in Augsburg beide Male mit einer 3 : 4-Niederlage für die Freezers endeten, sah es erneut so aus, als würde Tristesse das Bild prägen. Stewart lebte zu der Zeit Optimismus vor. Er mühte sich darum, die Anhänger zu besänftigen, welche des Mittelmaßes längst überdrüssig sind. „Bei uns steckt keiner den Kopf in den Sand. Es sind gerade zwei Spiele absolviert, und die Stimmung im Team ist nach wie vor gut“, hatte Stewart Anfang September gesagt. Er wusste sehr wohl, dass es auch bald um seinen Arbeitsplatz gegangen wäre.

Keinen Monat später sitzt Stewart so fest im Sattel wie kaum ein anderer seiner 15 Trainerkollegen in der DEL. Die Freezers haben in ihren ersten sieben Spielen bemerkenswerte 15 Punkte gesammelt. Mehr noch: Es handelt sich für die Hamburger um den besten Saisonstart ihrer Vereinsgeschichte. Seit der Saison 2002 / 03 gibt es die Hamburg Freezers. Die Chancen, den eigenen Rekord weiter auszubauen, sind auch gar nicht schlecht.

Freezers-Trainer Bill Stewart lobte nach dem Spiel gegen Straubing zwar das Unterzahlspiel, blieb ansonsten aber dezidiert nüchtern: „Wenn Straubing im ersten Drittel seine Möglichkeiten besser genutzt hätte, wäre das Spiel anders ausgegangen“, sagte er. „Wir müssen uns verbessern, um unsere Siegesserie fortzusetzen.“ Gelegenheit dazu gäbe es bereits am Dienstag um 19.30 Uhr: Dann spielen die Freezers zu Hause gegen die Kölner Haie, die nach einem katastrophalen Start in die Saison nur den vorletzten Tabellenplatz belegen. Christian Görtzen