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Archiv-Artikel

Nationaler Bypass

Im Kulturkaufhaus Dussmann wurde darüber diskutiert, wie die Next Generation Deutschlands aussehen könnte

Es ist ein ewiges Ärgernis, und diesmal trifft es uns: Jetzt sind wir Ende zwanzig, Mitte dreißig und endlich erwachsen geworden; wir sind schön, klug, gebildet und wären aufs Beste in der Lage, die Geschicke des Landes zu bestimmen und die Arenen der Selbstdarstellung zu übernehmen – doch davor sind die Älteren und sie wollen nicht weichen. Was tun? Manifeste schreiben, Forderungen aufstellen, Aufruhr entfesseln, Straße und Institutionen erobern? Bewährte Rezepte, aber wer formuliert uns zaudernden Nachwachsenden die einenden Ideen? Vielleicht sie: „Junge EntscheiderInnen aus Politik, Medien und Wirtschaft“ (Verlagstext) diskutieren über Zustand und Zukunft der Bundesrepublik. Das Ergebnis heißt: „Marke D. Das Projekt der nächsten Generation“, eine Initiative des Vereins BerlinPolis, mit dem sich der Berliner „Think Tank der Nächsten Generation“ in eine strategisch durchschlagende Stellung bringen möchte.

Zur Präsentation im Souterrain von Dussmann treffen der Herausgeber und Vereinsvorsitzende Daniel Dettling und Mitautor Jörg Ihlau im Gespräch auf Jana Hensel und Susanne Leinemann, die mit ihren Büchern „Zonenkinder“ und „Aufgewacht, Mauer weg“ Marken und Befindlichkeiten der jüngeren Deutschen zu fassen versuchten. Wie ist die Lage der Generation? Dass 1989 irgendwie für das Ende alter Gewissheiten steht, darüber ist man sich einig. Doch welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

Leinemann erkennt bei sich einen grundsätzlichen Zweifel, auch im Sinn von Engagement, ihr fehlt ein neues Gesellschaftsmodell. Der Wunsch nach mehr Dynamik und der Wille, zur Macht zu kommen, sind ihr als generationsstiftendes Element zu wenig. Den beiden Männern genügt es: Sie wollen öffentlich gestalten, „sonst machen es andere“ – „Es waren doch immer andere“, wirft Hensel dazwischen. In Zukunft nicht mehr: Dettling will der erschlafften Gesellschaft Bypässe legen, pragmatische Antworten auf radikale Fragen geben, Ihlau Deutschland neu labeln: „Die Nation auf dem Weg zum Markenzeichen“. Hensel zumindest findet sich in der Marke D nicht wieder. So stellte sie denn auch mit ihrer Frage nach der Ressourcenverteilung im Lande die Generationsdebatte auf eine materielle Grundlage: Um Deutschland als das Eigene zu begreifen, muss es einem wenigstens zu kleinsten Teilen gehören. CARSTEN WÜRMANN

Mehr unter: www.marke-deutschland.de