: Zurück in die Jungsteinzeit
betr.: „Ein Krieg um Öl?“ von Ralph Bollmann (böses blut), taz vom 24. 1. 03
„In der internationalen Politik ist es legitim, dass jeder Staat sein wohlverstandenes Eigeninteresse vertritt“, fordert Bollmann und kanzelt die Deutschen ab, in ihrer „fatalen Tradition, jede Art von Interessenvertretung von vornherein als unmoralisch zu denunzieren“. Der studierte Historiker führt uns dabei in seinem Bemühen, eine US-Aggression gegen den Irak zu verteidigen, moralisch in die Jungsteinzeit, in der ausschließlich das Recht des Stärkeren galt. Neben Kriegs- und Schlachtendaten vergisst er, dass zwischenzeitlich auch eine Interessenvertretung durch Verträge möglich geworden ist.
[…] Die US-Regierung suche nach Mitteln und Wegen, „die Region zu stabilisieren – und damit, warum auch nicht, auch die Ölversorgung des Westens sicherzustellen“. „An solchen Überlegungen ist an sich nichts Unanständiges.“
Solche Überlegungen sind sehr wohl unanständig, wenn die angedachten Mittel und Wege sich im Bruch internationalen Rechts und Angriff auf eine Zivilbevölkerung erschöpfen. Interessenvertretung à la Bollmann würde bedeuten, bei der nächsten Fahrt zur Tankstelle erst abzuzapfen, dann den Tankwart zu erschlagen und sich danach möglichst selbst an die Kasse zu setzen.
Unser wohlverstandenes Eigeninteresse muss es sein, in Frieden und Wohlstand zu leben, das Völkerrecht zu schützen, die Souveränität freier Staaten zu erhalten und die Gelüste von Generalen und Politikern zu dämpfen, ihren Einflussbereich mit kriegerischen Mitteln auszudehnen. Übrigens, das irakische Volk hat wohl die gleichen Interessen. REINHART KOLMS, Lehnitz
1. Nicht erst der 11. September hat der Regierung in Washington die Erleuchtung gebracht, dass sie auf das saudische Königreich nicht länger bauen kann. Er hat Bush nur die innenpolitische Rechtfertigung gegeben, die in seinen Augen längst fällige Korrektur des prekären Status quo nach dem Golfkrieg seines Vaters in Angriff zu nehmen. Der Aktionismus nach diesem Datum spricht mit großer Wahrscheinlichkeit dafür, dass längst einschlägige Pläne in den Schubladen des Pentagon ihrer Verwirklichung harrten, wenn sich denn eine günstige Gelegenheit böte.
2. Bei der Abwägung von Menschenleben, die im Kriegsfalle mit Sicherheit ausgelöscht werden, mit denen, die möglicherweise durch einen völkerrechtlich problematischen Angriffskrieg gerettet werden können, dürfte auch Ihre Intellektualität überfordert sein. Abschließend gestatte ich mir als Jahrgang 1935, zur Minderheit Ihrer Leser gehörend, Friedrich Schiller zu zitieren: „Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort.“ (Wallenstein)
ROLAND ODERMATT, Brühl
Da hatte sich doch bei mir tatsächlich ein kleiner Hoffnungsschimmer eingeschlichen, bei der Ablehnung eines Angriffskrieges gegen den Irak durch das „alte Europa“ handle es sich vielleicht um so was wie politische Moral. Herrn Bollmann sei Dank! Er stellt die Dinge in ihren korrekten Zusammenhang: Imperialisten haben schon immer Kriege um Rohstoffe und Einflusssphären geführt, so ist nun mal die Interessenlage. Was soll daran unanständig sein?! Die Frage ist nur, ob sich ein Krieg lohnt (Kosten-Nutzen-Abwägung). Gegenwärtig sind Deutschland und Frankreich offenbar der Meinung, es lohnt sich nicht, friedlicher Handel mit den Arabern bringt mehr. Vielleicht ändert sich das aber auch irgendwann. Dann wird man zu der Einschätzung kommen, dass im Krieg weniger Menschen sterben als wenn kein Krieg ist. Kann man nie wissen.
Jedenfalls ist dieses ganze moralische Gelaber von Völkerrecht, Verbot von Angriffskriegen und so Schnee von gestern (was für Günter Grass und solche Leute). In Wahrheit halten es sowohl die USA als auch das „alter Europa“ mit dem modernen Henry Kissinger: Öl ist viel zu wichtig, um es den Arabern zu überlassen.
HELGA MÖLLER, Hamburg
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