: Die Quadratur des Kreises
Dohnanyi-Kommission legt Bericht vor: 1800 Studienanfängerplätze weniger und trotzdem mehr Absolventen. HWP wird in die Universität integriert, soll aber Vorbild sein. Zwei Drittel der Studierenden sollen nur noch den Bachelor machen
von KAIJA KUTTER
Mit einem Eklat endete gestern die Präsentation des Dohnanyi-Berichts zur Reform der Hochschullandschaft. Mit den Worten: „Sie sind aalglatt und kalt wie ein Fisch“, schüttete ein Student dem ehemaligen Bürgermeister eine Tüte Fischköpfe auf den Tisch. Klaus von Dohnanyi reagierte empört: „Sie sind wortbrüchig.“ Hatte der Asta-Funktionär doch zuvor versprochen, bei der Pressekonferenz lediglich Fragen zu stellen und nicht zu protestieren.
Doch was Dohnanyi als Zusammenfassung des 122 Seiten starken Kommissionsberichtes bot, reichte offenbar aus, das Blut der anwesenden Studierendenvertreter in Wallung zu bringen. Von Beginn an gab es Befürchtungen, die Strukturkommission werde vorschlagen, die „Hochschule für Wirtschaft und Politik“ (HWP) aufzulösen. Und tatsächlich sagte der Ex-Bürgermeister gestern, es solle statt sechs künftig fünf Hamburger Hochschulen geben. Zwar empfiehlt die Kommission längerfristig die Gründung einer autonomen „Sektion für Wirtschaft und Politik“, doch soll dies zunächst „unter dem Dach der Universität“ geschehen. Dohnanyi betonte jedoch, dass diese Sektion von der HWP geprägt sein müsse, da deren „positive Erfahrungen unser Vorbild sind“.
Gemeint ist die Studienstruktur in Bachelor und Master-Abschlüssen. Die HWP hat sie eingeführt und folglich die kürzeste Studiendauer und geringste Abbrecherquote hamburgweit. Dies Rezept soll jetzt – mit Ausnahme der Juristen, Mediziner und Künstler – auf alle Hochschulen übertragen werden. Im Bachelorstudium soll es eine um 40 Prozent verbesserte Betreuung der Studierenden geben, realisiert über eine Erhöhung des Lehrdeputats der einzelnen Professoren und Einsparung von Studienplätzen. Eine bittere Pille für die Uni. Sie favorisiert das in mehreren Fächer bereits eingeführte „integrierte“ Bachelor-Master-Modell, das für alle Studierenden durchlässig ist.
Ein Bachelor soll nach sechs oder möglichweise auch acht Semestern enden. Dohnanyi will die Fortsetzung zum Master-Studium von einer Prüfung abhängig machen, da nicht jeder, der „Master Studieren will, dies auch kann“. Die Kommision geht davon aus, dass die Hälfte der Absolventen den Master machen wird.
Faktisch schlägt die Kommission den Abbau von etwa 1800 Studienanfängerplätzen vor. Dies Zahl findet sich aber nicht im Bericht, es ist im Gegenteil von einer Steigerung der Absolventenzahl von derzeit 6000 auf 6700 im Jahr 2012 die Rede. Gegenwärtig „exportiere“ Hamburg 40 Prozent seiner Absolventen ins Um- und Ausland, sagte Dohnanyi. Künftig wird es bei einem fortschreitenden Bedarf von 6500 Absolventen durch Wachstum, Pensionierung und Akademisierung nur noch einen minimalen Überschuss geben.
Dohnanyis Zauberformel zur Erreichung aller Ziele heißt „Steigerung der Absolventenquote“ von derzeit durchschnittlich 50 auf 70 Prozent. Deshalb sollen Hochschulen künftig nur noch nach Absolventen bezahlt werden, sich aber auch alle Studierenden selber aussuchen dürfen.
Besonders bitter ist der Bericht für die Geisteswissenschaften. Die zwölfköpfige Kommission hat eine Prognose gewagt, wie viele Absolventen Hamburg 2012 in welchen Fächern braucht. Geistes-, Kultur- und Sprachwissenschaftler scheinen ihr ziemlich überflüssig zu sein. Hier soll ein Viertel der Studienplätze abgebaut und die Zahl der Fächer und Diziplinen an der Uni von etwa 50 auf 25 reduziert werden. Als „unverzichtbar“ werden „etwa zehn“ Disziplinen genannt, wie Philosophie, Geschichte, Germanistik, Englisch, Französisch und Spanisch, allerdings sei auch innerhalb dieser Disziplinen ein Kapazitätsabbau „nicht nur möglich, sondern auch geboten“.
Glück gehabt haben dagegen die Ingenieur-, Natur-, Wirtschafts- und Erziehungswissenschaften. Hier geht die Kommission davon aus, dass der Bedarf an Absolventen wächst. Allerdings gibt es nirgends eine Aufstockung an Studienplätzen. Es wird schlicht davon ausgegangen, man könne mit verbesserten Studienbedingungen die Absolventenquote erhöhen.
Zudem gelang es, im Gesamt-Etat von 750 Millionen Euro durch Umschichtung die Unterfinanzierung der Uni zu beseitigen, die die Kommission auf 2,8 Millionen Euro festsetzte, und eine „Reserve“ von 3 Millionen Euro zu bilden. „Uns ist die Quadratur des Kreises gelungen“, sagte der Co-Autor des Berichts, Detlef Müller-Bölling.