Urdrüs wahre Kolumne
: Kein Öl für Blut

Für den Ehrlichkeitspreis 2003 hat sich schon in den ersten Wochen des Jahres Werder-Boss Jürgen Born qualifiziert, als er auf die Frage nach den Gründen für das Verbot der antirassistischen Ausstellung „Tatort Stadion“ treuherzig bekundete: „Wir hängen schließlich am DFB wie das Schwein am Schwanz.“ Oder wohl auch der Schwanz am Schwein. Apropos Viehzucht: Im Oldenburger Münsterland wurde jetzt ein neues Flüssigfutterverfahren zur Gesunderhaltung von Schweinen vorgestellt: mit Milchsäurebakterien, die das Darmmilieu der Schweine stabilisieren. Das Wort „Darmmilieu“ passt irgendwie wunderbar zum DFB. Und wann gibt’s endlich frische Schlachtgrütze?

Dem autophilen Flachwichser geweiht ist an diesem Wochende die „Bremen Classic Motorshow“ auf der Bürgerweide und da sich vermutlich auch unter den Lesern dieser Zeilen Menschen befinden, die dieser Perversion anhängen, warnen wir nachdrücklich davor, die leckstarke Autofahrerzunge nach eventuellen Probestarts mit Maybach, Goggo, Porsche oder Borgward in das erhitzte Auspuffrohr zu stecken. Hinterher spricht man dann mit verblaster Zunge wie ein mittelstandsorientierter Unionspolitiker beim Lallen der Worte „Mehr Parkplätze für die Innenstadt“ – nicht schön.

Reno und Las Vegas sind bald überall! In der kommenden Saison bietet der Heidepark Soltau zwischen Pfahlsitzwettbewerben, Achterbahn und Drehturm auch Hochzeitsarrangements in einer eigens erstellten Wedding Chapel mit Heidjer Dorfnostalgie. In ihrem unermesslichen Drang, durch jeden Engpass zur Kundschaft zu kriechen, bietet die evangelisch-lutherische Kirche auch noch ihr Personal für diese Übung an. Möge den Beteiligten beim Ja-Wort im Rollercoaster der Halswirbel verrutschen und das Hochzeitsmahl im Breakdancer Gäste und Geistliche mit dem Segen der Zentrifugalkraft gleichermaßen brockenweise abstrafen, denn solch grober Unfug auf Eintrittskarte missfällt IHM sehr!

So sehr ich dem guten Pierwoß das Recht zubillige, angesichts senatorischer Ignoranz in den Sack zu hauen, so inbrünstig möchte ich ihn doch drängeln, über jedes noch so schmale Steglein zu gehen, dass in diesem Hof- und Staatstheater übrig bleibt. Gerade angesichts politischer Erstarrung brauchen wir subversive Lebendigkeit – nicht zur Befriedung untragbarer Verhältnisse, sondern als Vaganten-Guerilla in Permanenz. Diese Sache mit der Kulturhauptstadt aber sollte man getrost stecken lassen: Teilhabe an dem Manöver hieße wohl, der Sippe Potemkin die Kulissen zu malen.

Wundern musste ich mich gestern über den Schnack „Kein Öl für Blut!“, den der Fahrer eines sympathisch- heruntergekommenen Mittelklassewagens im Stadtverkehr auf seiner Heckscheibe zur Schau stellte. Auch nach ziemlich langem Nachdenken habe ich weder die historisch große Linie dieser bedenkenswerten Position ermitteln noch eindeutig auf dadaistische Quellen schließen können. Um Auskünfte aus dem Bauch dieser Bewegung bittet in hochgradiger Neugier

Ulrich
„Paxifex“ Reineking