OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

In ihrer Dokumentation „Durchfahrtsland“ wagt die Autorin und Regisseurin Alexandra Sell den Blick auf das Fremde im Vertrauten: Sie besucht die katholische rheinische Provinz und porträtiert vier Menschen aus dem sogenannten Vorgebirge, einem Landstrich zwischen Bonn und Köln. Da dreht sich alles um katholische Feiertagsprozessionen und um Spielmannszüge, um ausschließlich im Vorgebirge spielende Krimis und um Junggesellenvereine mit ihren Maibaumritualen. Nur dass sich Provinzialität generell in einer gewissen Engstirnigkeit und im Misstrauen gegen alles Fremde manifestiert, ist dort wie überall sonst: Eigentlich findet man schon die Leute aus dem Nachbardorf reichlich merkwürdig. Der Film geht denn auch keine Komplizenschaft mit den Porträtierten ein: Die Kamera bleibt auf Distanz, während die Autorin vor allem mit ihrer freundlich ironischen Erzählerstimme aus dem Off präsent ist, mit der sie die Ereignisse im Leben ihrer Protagonisten schildert. Das Zeughauskino zeigt den Film in seiner Reihe über Grundrechte: Nach Artikel 9, Absatz 1, haben die Deutschen nämlich das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

Ein seltsames Paar waren sie schon, die Method-Schauspielerin Jane Fonda, die gern auf die tiefenpsychologischen Suche nach der Motivation ihrer Figuren ging, und Roger Vadim, französischer Regisseur von Filmen, die stets die reine Oberfläche feierten. Doch Fondas Unzufriedenheit mit ihren amerikanischen Filmrollen wuchs Mitte der Sechziger ständig, und so war das zweite berufliche Standbein in Frankreich vielleicht eine natürliche Wahl, nachdem sie sich auch privat mit Vadim verbunden hatte. Und eines wusste Vadim seit seinem Brigitte-Bardot-Klassiker „Et Dieu créa la femme“ (1956) ganz bestimmt: wie er seine jeweiligen Lebensgefährtinnen und ihre erotischen Qualitäten ins rechte Licht rücken konnte. Folglich sah auch Fonda in den vier gemeinsamen Filmen wirklich klasse aus. „Barbarella“ (1968), das bekannteste der Fonda/Vadim-Projekte, ist einmal mehr ein Film der puren Oberfläche, ein Produkt der modischen Psychedelic-Ära: Von Kameramann Claude Renoir durch verzerrende Glaskugeln, Plastikfolien und Plexiglasröhren fotografiert, blubbert und wabert die Comicverfilmung um die 5-Sterne-Astronavigatrix, die sich auf einem fremden Planeten staunend und passiv durch eine Welt milder sadistischer Perversionen treiben lässt, quietschbunt durch die künstlichen Dekorationen vor sich hin. Und Barbarellas schwereloser Striptease in der Titelsequenz bescherte Fonda ein Image, mit dem sie in ihrer Zeit als politische Aktivistin dann immer wieder zu kämpfen hatte.

Cowboyhüte und „southern drawl“: In der Doku „I’ll Never Get out of this World Alive“ (1992) lassen sich die Regisseure Wolfgang Büld, Olaf Kraemer und Christin Kelling an authentischen Orten von Leben und Sterben der Countrylegende Hank Williams berichten. Freunde, Verwandte und Kollegen berichten; verregnete Highways und leere Provinzbars geben derweil einen prächtigen Rahmen für die Musik des „old lovesick bluesboy“ ab. LARS PENNING

„Durchfahrtsland“: 12. 10. im Zeughauskino

„Barbarella“ (OF): 12. 10. im White Trash Fast Food

„I’ll Never Get out of this World Alive“ (OmU): 13. 10. im White Trash Fast Food