energiefusion
: Industriepolitik für die Großen

Die Fusion von E.ON und Ruhrgas ist komplett. Die Energiekonzerne haben also doch noch bekommen, was ihnen die Bundesregierung schon längst verschaffen wollte, aber nicht konnte. Das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium hätte den Zusammenschluss ja gern von ganz oben genehmigt – aber die Konkurrenz klagte dagegen, und zwar zunächst erfolgreich. Einen endgültig ablehnenden Richterspruch verhinderte E.ON gestern in letzter Minute. Das Unternehmen kaufte den Klägern ihre Widersprüche einfach ab. So schön kann Kapitalismus funktionieren: Die Zahlung einer gewissen Summe öffnet fast jede Tür.

Kommentarvon HANNES KOCH

Derart gestärkt werden E.ON und Ruhrgas nun über ihre Beteiligung an der russischen Firma Gazprom Einfluss auf die Ausbeutung der Gasvorkommen in Sibirien und am Kaspischen Meer nehmen. Der Global Player aus Deutschland beansprucht seinen Platz beim Kampf um die Energiereserven der Erde. Solche Weichenstellung sind es, die es Staaten ermöglichen, im Kreis der Weltmächte mitzureden. Die Bundesregierung hofft offensichtlich, irgendwann politisches Kapital aus der Fusion beziehen zu können.

Neben der machtpolitischen hat der Zusammenschluss freilich eine ordnungspolitische Dimension. Die Fusion der Energieriesen ist auch Produkt der Symbiose der alten Arbeiterpartei SPD mit der alten Unternehmerelite des Ruhrgebiets. Man kennt sich und man versteht sich seit Jahrzehnten. So haben die SPD-Wirtschaftspolitiker im Falle E.ON demonstriert, was sie vom freien Markt halten. Existierende Jobs in einem Großkonzern sind Sozialdemokraten allemal wichtiger als Verbraucherrechte, fairer Wettbewerb oder Chancen junger Unternehmen.

Jetzt werden E.ON und Ruhrgas den Gasmarkt noch stärker dominieren als bisher. Überhöhte Verbraucherpreise, Behinderung der Konkurrenz durch zu hohe Leitungsgebühren und mangelnde Fortschritte beim Umweltschutz sind dabei garantiert. Diese Situation wird zudem dadurch verschärft, dass sich das Bundeswirtschaftministerium traditionell weigert, eine Regulierungsbehörde für den Energiemarkt einzurichten. Damit solle man den Konzernen Zügel anlegen, hat selbst die EU-Kommission mehrfach geraten. Genutzt hat es nichts. Bei Sozialhilfe und Kündigungen spricht Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement gern über Marktwirtschaft. Dreht er jedoch das große Rad der Industriepolitik, hat er diesen Begriff ganz schnell vergessen.