: Kinderbetreuung mit Pass statt Gutschein
Kita-Amt verschickt schon mal Antragsformulare. Elternverein FamilienPower billigt neues Finanzierungsmodell. Aber: Die Stadt soll Plätze zuweisen
Samstag früh hatten über 67.000 Eltern einen dicken Umschlag vom „Amt für Kindertagesbetreuung“ in der Post. Das Kita-Gutscheinsystem wird in der Bürgerschaft noch beraten, aber dennoch werden schon die neuen Antragsformulare verschickt. „Baldmöglichst – spätestens im April“ sollen sie zurückgesandt werden, bittet Kita-Amtschef Jürgen Näther. Er rechne damit, dass das Gesetz im März verabschiedet wird.
Der Elternverein „FamilienPower“, der seit drei Jahren gegen die Kita-Card-Pläne kämpft, nimmt das fortgeschrittene Stadium nun zum Anlass für einen Kurswechsel: „Wir wehren uns nicht mehr gegen das neue Finanzierungsmodell“, sagt der Vorsitzende Matthias Taube. Damit meint er das Grund-Prinzip, nicht mehr ganze Kita-Häuser zu finanzieren, sondern nur noch Pauschalen für die tatsächlich vorhandenen Kinder. Die Kita-Träger hätten signalisiert, dass sie damit gut klarkommen. Taube: „Dann sollen sie das auch tun.“ Der befürchtete Bankrott kleiner Träger müsse letztlich nicht Sorge der Eltern sein.
Allerdings mahnt der Verein, dass die Interessen von Eltern und Kindern gesondert gewahrt werden und es dazu einen „Runden Tisch“ unter Leitung von Kita-Amtsleiter Jürgen Näther geben müsse. Denn es ginge nicht an, dass „Qualitätsstandards“ allein zwischen Stadt und Trägern vereinbart wurden. – So verabredeten diese beispielsweise, dass „Funktionsräume“ wie Flure mitzählen, wenn bemessen werden soll, wieviel Kinder maximal in eine Kita passen. „Hart“ bleibt FamilienPower auch bei der Frage der „Bewilligungskriterien“. Hier müsste unbedingt die „alte Hierarchie“ bleiben, die dem sozialen Bedarf Vorang einräumt (taz berichtete).
Taubes neue Idee ist jedoch, eine „Mischform“ aus dem alten Angebots-orientierten und dem neuen Nachfrage-orientierten System zu schaffen. Taube und sein Mitstreiter Hans-Joachim Holtzmann nennen dies „Kita-Pass“. Der Gutschein lasse die Eltern mit der Frage, wo sie einen Kita-Platz finden, allein. Und das, so Hans-Joachim Holtzmann, obwohl die für den Systemwechsel eingeführte EDV in den bezirklichen Kita-Ämtern täglich einen „exakten Überblick“ über freie Plätze biete: „Das System muss gar nicht so kalt sein, die Eltern mit der Suche allein zu lassen“, weiß der Vater, der von Beruf selber EDV-Spezialist ist.
Deshalb soll jedes Kind statt des bloßen Gutscheins einen richtigen „Kita-Pass“ bekommen, in dem auch die Adresse einer Kita genannt ist. Selbstverständlich, so Taube, könnten Eltern, die es wollen, sich auch weiter selbst einen Platz suchen. Doch werde dies im Gutscheinsystem schwierig, weil die Kita-Leitungen keine eigenen Wartelisten mehr führen könnten.
Das städtische Kita-Amt soll außerdem weiter den Neubau von Plätzen zentral planen. Dies, so Taube, sei kein Widerspruch zur geplanten „flexibleren Betriebserlaubnis“, die einzelnen Tagesstätten gestattet, nach Bedarf Plätze auf- oder abzubauen. Was aber in jedem Fall vermieden werden müsse, sei, dass „Gutscheine verfallen und die Kinder um ihre Bildungschancen gebracht werden, weil Eltern keinen Platz finden“. KAIJA KUTTER
FamilienPower lädt am 4.2., 19.30 Uhr, zur Diskussion ins Hamburg-Haus Eimsbüttel, Doormannsweg 12.