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Landgericht verhängt Haftstrafe und vierjähriges Berufsverbot für Gründer des privatärztlichen „Notdienst 19242“. Der hat in mehr als 800 Fällen PatientInnen mit falschen Abrechnungen betrogen und in 26 Fällen auch noch Körperverletzung begangen
von ELKE SPANNER
Tammo Bialas hatte sich mit der „ärztlichen Therapiefreiheit“ rauszureden versucht. Er habe mit seinem privatärztlichen „Notdienst 19242“ eine bessere Qualität bei der Gesundheitsversorgung von Notfällen anbieten wollen und deshalb entsprechend hohe Honorare abkassiert, so sein Vorbringen vor dem Hamburger Landgericht. Das erkennt „durchaus das Bemühen an, neue Wege in der Gesundheitsversorgung zu suchen“. Da Bialas diese aber nicht in der Gesundheitspolitik, sondern allein in lukrativer Auslegung der Gebührenordnung beschritten hatte, verurteilte die Kammer ihn gestern nach aufwändigem Prozess zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft sowie einem Berufsverbot von vier Jahren.
„Es hat sich um ganz normale Notarzteinsätze gehandelt“, so das Gericht, das es als erwiesen ansah, dass der 43-Jährige Betrug in 839 Fällen sowie 26-fache Körperverletzung begangen hat. Seit der Gründung des privatärztlichen Notdienstes im Jahr 1994 waren über diesen regelmäßig Beschwerden von PatientInnen bei der Hamburger Ärztekammer eingegangen. Zum einen war in der Anzeige des Notdienstes im Telefonbuch nicht ersichtlich, dass dieser privatärztlich betrieben wurde. Auch bei ihren Anrufen in der Zentrale wurden die PatientInnen nicht darauf hingewiesen, dass sie die Rechnung aus eigener Tasche bezahlen mussten.
Zum anderen rechnete Bialas routinemäßig Leistungen ab, die er oder seine KollegInnen nicht erbracht hatten. So war auf fast jedem Notarztprotokoll ein „Gespräch über die Auswirkungen der Krankheit auf die weitere Lebensgestaltung“ sowie eine „psychiatrische Behandlung durch ein psychotherapeutisches Gespräch“ vermerkt.
Laut Bialas habe es für die intensive Betreuung der Notfälle, die das Prinzip seiner Firma gewesen sei, keine Regeln in der Gebührenordnung gegeben. Deshalb habe er diese „analog“ angewandt. „Das hätten Sie kenntlich machen müssen“, hielt das Gericht ihm vor. Zudem habe der Arzt in 26 Fällen Körperverletzung begangen, indem er PatientInnen schmerzhafte und mit der Gefahr von Nebenwirkungen verbundene Spritzen gegeben hatte, obwohl eine Paracetamol-Tablette ausgereicht hätte.
Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft über 8000 Betrugsfälle angeklagt. Alle vor 1996 begangenen Taten wurden jedoch eingestellt, „sonst wären wir auf drei Jahre und sechs Monate Haft gekommen“, so der Vorsitzende Richter. Besonders legte er Bialas zur Last, dass er seine Abrechnungspraktiken über vier Jahre hinweg fortgesetzt hatte, obwohl die Beschwerden von PatientInnen sich häuften, seine Korrespondenz darüber mit der Ärztekammer einen dicken Ordner füllte, die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelte und Bialas zweimal verhaftet worden war.
Der Arzt, so das Gericht, habe ein „durch und durch betrügerisches Verhalten zu Lasten der Patienten“ an den Tag gelegt.