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Archiv-Artikel

Ohrfeige für Howard

Australiens Senat spricht der konservativen Regierung von John Howard wegen der Entsendung von Truppen für einen Irakkrieg das Misstrauen aus

aus Melbourne BORIS B. BEHRSING

Mit 33 zu 31 Stimmen hat gestern das australische Oberhaus Premierminister John Howard wegen der präventiven Entsendung von Truppen für einen Irakkrieg ohne Autorisierung durch das Parlament das Misstrauen ausgesprochen. Senator Bob Brown von den Grünen sprach von einer „historischen Verurteilung der Regierung“. Es war das erste erfolgreiche Misstrauensvotum in der 101-jährigen Geschichte des Parlaments. Alle Senatoren der Opposition und alle Unabhängigen stimmten dafür.

Obwohl der Senat jedes vom Unterhaus verabschiedete Gesetz blockieren kann, hat das gestrige Votum auf die Stabilität der Regierung keinen direkten Einfluss. Australische Regierungen werden im Unterhaus bestätigt oder gestürzt. Dort hat die Koalition aus Liberalen und Nationalen eine komfortable Mehrheit. Diese wies denn auch wenige Stunden später ein von der Labor-Partei eingebrachtes Misstrauensvotum zurück. Dennoch ist das Niederlage im Senat eine Ohrfeige für Howard.

Die elfstündige Irakdebatte in beiden Parlamentskammern zeigte eine tiefe Spaltung in der Frage des Irakkonflikts und der engen Liaison Howards mit US-Präsident George Bush. Labor-Oppositionschef Simon Crean forderte den sofortigen Stopp weiterer australischer Truppen-Entsendungen. Er warf Howard zudem „Irreführung“ vor und beschuldigte ihn, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen.

Howard hingegen sagte, die „Abrüstung“ Iraks würde auch die terroristische Bedrohung Australiens mindern. Die meisten Australier überzeugt das allerdings nicht. Sie beunruhigt, dass die Regierung offenbar auch ohne UN-Mandat den USA in einen Irakkrieg folgen will. Dies zeigt auch ein von Crean am Dienstag vorgelegtes Protokoll eines Gesprächs von Außenminister Alexander Downer mit einem neuseeländischen Diplomaten. Darin soll Downer gesagt haben, dass trotz Howards Versicherung, die Truppen könnten noch vom Golf zurückgezogen werden, ein solcher Abzug nicht möglich sein würde. Der politische Seiltanz zwischen der präventiven Entsendung von Schiffen, Flugzeugen und rund 2.000 Soldaten an den Perischen Golf und der Beteuerung, sich damit noch nicht zur Teilnahme an einem Kriege gegen Irak verpflichtet zu haben, macht Howard zunehmend unglaubwürdig.

Am diesem Wochehende folgt er einer Einladung des US-Präsidenten nach Washington, um mit ihm den Irakkonflikt zu beraten. Howard nennt dies eine „Friedensmission“. Labor-Chef Crean sieht das anders: „Er geht, um unterwürfig die neuen Befehle entgegenzunehmen.“ Australien ist neben Großbritannien das einzige Land, das sich bisher am US-Militäraufmarsch am Perrsischen Golf beteiligt. Für Howard ist dies im „nationalen Interesse“ notwendig. Doch nach der jüngsten Meinungsumfrage glauben 51 Prozent der Australier, dass die US-Außenpolitik ihre Nation negativ beeinflusst.

Während der Parlamentsdebatte demonstrierten in Canberra hunderte Kriegsgegner vor dem Gebäude – unter ihnen Bischöfe und prominente Ärzte. Viele Australier sehen heute bei Howard Parallelen zur „All the Way with the USA“-Politik im Vorfeld des Vietnamkrieges.