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Archiv-Artikel

Alarmstufe vier in Abidjan

In der Elfenbeinküste sind die Proteste abgeflaut, doch die UNO reduziert ihr Personal

ABIDJAN taz ■ Französische Soldaten patrouillieren bereits durch die Straßen Abidjans. Anfangs etwas zögerlich und noch nicht massiv auftretend. Aber die UNO-Resolution 1461 gibt den Weg vor, wie es zukünftig in diesem Teil der Elfenbeinküste weiter gehen wird. Die Friedenstruppen der Gemeinschaft westafrikanischer Staaten und die französische Armee wurden vom Sicherheitsrat für zunächst sechs Monate einstimmig ermächtigt, die Zivilbevölkerung in denen von ihnen zugänglichen Gebieten zu schützen – auch unter Einsatz von Gewalt. Auch wurden alle politischen Akteure in der Elfenbeinküste vom Sicherheitsrat aufgefordert, die Friedensverträge umzusetzen.

Damit sind theoretisch die Tage der Gesetzlosigkeit gezählt. All zu offen war die Verwicklung von Sicherheitskräften wie ivorische Armee und Gendarmerie in politisch motivierte Willkür und Verbrechen. Moussa Touré, leitender Redakteur der oppositionsnahen Tageszeitung Le Patriote erzählt, dass seit Beginn der Rebellion bereits zweimal unifomierte Polizisten seine Redaktion stürmten, Journalisten verprügelten und Sachschaden anrichteten.

Trotz der neuen Patrouillen ist die Krise nicht vorbei. Die Vereinten Nationen erhöhten die Alarmstufe auf „Phase vier“. Dutzende UN-Mitarbeiter müssen das Land verlassen. Die Personalstärke wird auf ein Minimum heruntergefahren. Die nächst höhere und letzte „Phase fünf“ bedeutet die totale Evakuierung.

Trotzdem haben Banken und Geschäfte seit Anfang der Woche wieder geöffnet. Proteste gegen die Friedensverträge von Linas-Marcoussis und die Rolle Frankreichs gibt es nur noch in kleinem Rahmen: Den einen Tag marschieren Arbeiter und Funktionäre, dann halten Frauen ein Sit-in vor der französischen Botschaft, und auch Behinderte sprechen Präsident Laurent Gbagbo ihre Unterstützung zu. In den ein Dutzend Tagen des Schweigens hat sich Gbagbo mit den unterschiedlichsten sozialen und politischen Gruppen getroffen. Die Stimmung auf der Straße ist massiv gegen eine Umsetzung der Friedensverträge. Die Präsidentengattin Simone Gbagbo, die Führerin der Fraktion der Regierungspartei Ivorische Volksfront (FPI) im Parlament, kritisierte die ursprünglich von allen Seiten anerkannten Einigung von Marcoussis scharf. Die FPI rief am Dienstag offen zur Wiederaufnahme des Krieges auf.

Gestern berichteten fast alle ivorische Zeitungen von vorab bekannt geworden Inhalten aus der Rede des Präsident Gbagbos, die er noch am Abend halten wollte. Es wird erwartet, dass er grundsätzlich den Beginn der Umsetzung der Friedensverträge erklärt. Die Entscheidung zur Vergabe der sicherheitsrelevanten Ministerposten für Verteidigung und Inneres sei noch nicht eindeutig. Die Tageszeitung Le Jour sah sich den Präsidenten schon einen Ausweg bahnen und zitierte ihn: „Wenn ich das Gegenteil sagen muss, was ihr von mir erwartet, dann werde ich das erklären.“ HAKEEM JIMO