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Archiv-Artikel

Berlin, Stadt des Friedens

Ist es nicht wundervoll? Der Friedenskanzler verbündet sich mit Putin gegen Bush, Claudia Roth mit den Tschetschenen gegen Putin und die Polizei mit der Berlinaleleitung gegen ein Kriegsspiel

von UWE RADA

Während in München gestern noch die Bellizisten tagten, zeigte sich Berlin von seiner friedlichen Seite. Am Abend traf sich Friedenskanzler Gerhard Schröder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei ging es auch um die deutsch-französische Initiative zur Ausweitung der Waffeninspektionen im Irak. Bei seiner Stippvisite im kriegerischen München hatte zuvor schon Friedensminster Peter Struck (SPD) erklärt, dass ein Einsatz von UN-Blauhelmtruppen dem Irak den Frieden bringen soll.

Friedensbewegt ging es auch am Brandenburger Tor zu. Dort erhob die ehemalige Grünen-Vorsitzende Claudia Roth ihre Stimme gegen den Krieg in Tschetschenien. Das russische Militär, so Roth, morde, vergewaltige, plündere und zerstöre, ohne dass die Moskauer Regierung dagegen vorgehe.

Ins selbe Friedenshorn stießen auch die 150 Demonstranten, die sich vom Brandenburger Tor über die Russische Botschaft unter den Linden hin zum Bebelplatz auf den Weg machen. Sie forderten für Tschetschenien „Frieden und Kultur“ statt „Krieg und Barbarei“.

Zum eigentlichen Ziel der Friedensdemonstration, zum Gendarmenmarkt, wurden sie allerdings nicht vorgelassen. Dort nämlich traf sich noch vor seinen Friedensverhandlungen mit Gerhard Schröder der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem deutschen Kollegen Bruder Johannes. Ganz friedlich eröffneten sie die „Deutsch-Russischen-Kulturbegegnungen“. Im Rahmen dieser Begegnungen soll auch das Bernsteinzimmer wieder nach Berlin kommen und damit der Kalte Krieg endgültig beendet werden.

Um die tschetschenischen Demonstranten daran zu hindern, dem russischen Präsidenten seinen Frieden zu rauben, hatten sich die deutschen Polizisten ganz friedlich in der Behrenstraße versammelt. Doch sie mussten nicht eingreifen, weil sich die Teilnehmer der Demo friedlich auf den Heimweg machten – vielleicht auch, weil an einer Brandmauer am Nikolaiviertel noch die Friedenstaube hängt und der Spruch „Berlin, Stadt des Friedens“.

Friedlich ging es schließlich auch auf der Berlinale zu. Um den Teilnehmern der Filmfestspiele jeglichen Anlass zur Aufregung zu nehmen, hatte die Polizei zuvor ein Plakat am Potsdamer Platz entfernt. Auf das hatte das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen den Spruch „The Game is over“ anbringen lassen, ursprünglich sogar mit einer Genehmigung.

Aber was ist schon eine Genehmigung gegen eine Stadt des Friedens. Schließlich geht es hier nicht um ein Spiel, sondern um den Frieden. Ganz ehrlich.