: Die Mehrheit ist gegen den Krieg
betr.: „Die große Muffe“ (Deutschlands Irakpolitik) von Christian Semler), taz vom 7. 2. 03
Da spricht Christian Semler in seinem Kommentar etwas sehr Wesentliches an, dass viel deutlicher ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt werden müsste. Die Bundesregierung verhält sich sehr geduckt und defensiv, je mehr ihr von außen der Makel angehängt wird, sie habe Deutschland in eine internationale Isolation gebracht. […] Dabei hat die Bundesregierung allen Grund, in dieser Situation selbstbewusst aufzutreten.
Es ist so eine Absurdität des Denkens und massenpsychologischer Phänomene, dass in der wichtigen Frage eines Krieges anscheinend demokratische Grundwertvorstellungen keine Beachtung mehr finden. Ansonsten müsste jedem aufmerksamen Betrachter auffallen, dass zurzeit niemand so wenig isoliert ist wie die Bundesregierung mit ihrer ablehnenden Haltung zum Irakkrieg. Immerhin ist der überwiegende Teil der Menschen der westlichen Welt, in ganz Europa sowie auch in den USA gegen diesen Krieg und kann den Argumentationen der Bush-Regierung anscheinend nicht folgen. Die Position der Bundesregierung ist eine Position Deutschlands in seiner Mehrheit. Es ist die Position Europas in seine Mehrheit. Und es ist die Position vieler Amerikaner – eine Mehrheit, die Bush nicht hat (und nicht mal anlässlich seiner Wahl hatte). Sollten über die Meinungsverschiedenheiten von Regierungen hinaus auch noch die Menschen eine Rolle spielen, dann befindet sich die Bundesregierung in allerbester Gesellschaft, während die Bush-Regierung wirklich global sehr isoliert zu sein scheint.
[…] Demokratisches Empfinden und ein fester Kriegswille, wie ihn Bush immer wieder der Welt vorführt, lassen sich anscheinend nicht vereinbaren. Da stellt sich die Frage, welches Veständnis von „Zivilisation“ und „Weltordnung“ mit diesem Krieg verteidigt werden soll. […] Das schlichte Denkschema einer Einteilung der Welt in Gut und Böse, wie es Bush repräsentiert, ist nicht gerade fortschrittlich und hoffentlich nicht Teil eines zu schützenden Verständnisses unserer Zivilisation. […]
MATTHIAS ERNTGES, Solingen
Wer sich das Verhalten der USA gegenüber der UNO einmal näher betrachtet, wird feststellen, dass es auf amerikanischer Seite niemals ein wirkliches Interesse an einer starken UNO gab. Doch nur eine UNO mit der tatsächlichen Machtfülle, Hunger und Armut zu besiegen und dem Völkerrecht Gewicht zu verleihen, kann das Ziel, den Weltfrieden, in greifbare Nähe rücken. Zudem bestehen schwere Zweifel daran, dass es den US-Strategen wirklich um die von ihnen erklärten Moralvorstellungen geht. Eher glaube ich, dass der Status quo, der immer wieder in Krieg mündet, den Befehlshabern der größten Armee der Welt nicht ungelegen kommt.
RENÉ PHILIPPI, Eisenberg
Sorry. Den Karikaturen der gestrigen LeserInnenbriefseite konnte man leider nicht entnehmen, wer sie gezeichnet hat. Es war Martina Wember.
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