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Archiv-Artikel

Lieber ohne Gockel

Bremen ist um ein Netzwerk reicher: Afterbusinet heißt die Initiative von zwölf Unternehmensberaterinnen, die fortan immer freitags am gemeinsamen Erfolg basteln

„Frauen mit Schlagbohrer wird keine Kompetenz zugeschrieben“

taz ■ Nein, der Golfclub sollte es nicht sein – „da hätte ich mich verbiegen müssen“ – und auch kein anderer Club schien ihnen angemessen, also gründeten sie ihren eigenen: „Afterbusinet“ heißt das, was zwölf Frauen vor einigen Monaten ins Leben riefen, im Untertitel: „Crossnetworking zum Feierabend“. Afterbusinet ist ein Netzwerk von Bremer Unternehmensberaterinnen. Das Netz besteht derzeit aus einer Reihe von Vorträgen über den Dächern von Bremen – hoch oben im Brebau-Gebäude an der Schlachte laden die Initiatorinnen jeden Freitag ein zum Vortrag und zum „Networking“, sprich Plaudern, Kontakte knüpfen, Möglichkeiten sondieren.

Dass sie nur Frauen sind, „war erstmal ein Zufall, aber dann haben wir ganz schnell gemerkt, dass das so gut ist“, so Béatrice Hecht-El Minshawi, interkulturelle Trainerin. Gut so sei, dass „nicht über Monate hinweg geklärt werden muss, welcher Gockel ganz oben steht“, sagt Andrea Buchelt, Marketingberaterin und Herausgeberin des Frauenbranchenbuchs.

Gut war außerdem, dass fast alle von ihnen Mütter sind und damit Teilzeitunternehmerinnen – „damit hat sich der Golfclub automatisch erledigt“ (Buchelt). Aber die Golfer und alle anderen Männer nicht. Denn auch wenn das Netzwerk ein weibliches ist, so ist seine Zielgruppe doch gänzlich offen. Sprich: Alle sollen kommen. Männer wie Frauen, Selbstständige wie Angestellte.

Die erste Veranstaltung scheint den Frauen Recht zu geben: Béatrice Hecht-El Minshawi sprach Ende Januar vor mehr als 40 Menschen über ihre Arbeit. Als im Anschluss die Netzwerk-Idee besprochen wurde, belauschte Hecht-El Minshawi zwei – männliche – Zuhörer. „Da ergab sich von Mann zu Mann der Wunsch: Sowas müssten wir auch haben“, erzählt sie „Aber warum können die nicht unser Netzwerk mitbenutzen, warum müssen die immer gleich was eigenes machen“, fragt Finanzberaterin Kornelia Rendigs. „Sollense doch“, antwortet Andrea Buchelt und klingt ganz ungerührt. Ihre Erfahrung mit vielen männlichen Kollegen: „Am besten wenig bis gar nicht arbeiten, aber eine Rechnung stellen, dass die Schwarte kracht.“ Das sehen die anderen ähnlich. „Aber irgendwann“, sagt Buchelt, „fällt das mal auf. Das ist unsere Chance.“

Einen „ganz stark internalisierten Minderwertigkeitskomplex“ bei vielen Frauen macht Andrea Buchelt dafür verantwortlich, dass Männer oft besser landen in ihrem Job. Oftmals vertrauten Frauen sehr wohl der eigenen Kompetenz, aber nicht der anderer Frauen. „Ich erfahre das massiv“, sagt Buchelt, nach eigenem Bekunden ausgestattet mit einem Lebenslauf, „nach dem sich andere die Finger abschlecken.“ Aber sie fährt ein kleines Auto. Ein Mann an ihrer Stelle würde wohl eher Mercedes fahren. „Stimmt“, sagt sie, „egal, wovon bezahlt.“

Als Macherin des Frauenbranchenbuchs erlebt Buchelt diese Realität noch drastischer. Familienrechtlerinnen, Psycho- oder Physiotherapeutinnen seien immer gefragt, „aber Handwerkerinnen halte ich im Branchenbuch maximal ein Jahr. Frauen mit Schlagbohrer wird keine Kompetenz zugeschrieben.“

Dabei sind Frauen oft die Qualifizierteren – Hecht-El Minshawi und Buchelt berichten von vielen männlichen Quereinsteigern und Studienabbrechern im Unterschied zu zahlreichen weiblichen Promovierten.

Über Bremen sind die Unternehmerinnen geteilter Ansicht. „Sehr konservativ“ sei‘s hier, sagt Kornelia Rendigs. „Aber wenn man‘s dann geschafft hat“, sinniert Sandra Hoffmann, Geschäftsführerin einer Firma für Kommunikations-Design, „dann ist Bremen so schön klein und kuschelig. Dann wirst du weiter empfohlen.“ Kornelia Rendigs schiebt nach: „Auch wenn du‘s gar nicht mehr verdienst.“

susanne gieffers

Nächster Afterbusinet-Vortrag: „Geschäftsvolumen ausbauen, aber wie?“, Freitag, 14. Februar, 17.30 Uhr, Schlachte 12/13, Eintritt: 10 Euro