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Archiv-Artikel

Bundestags-FDP ohne Möllemann

Berliner Fraktion schließt früheren Parteivize mit deutlicher Mehrheit aus. Möllemann spricht von „Hinrichtungsaktion“, will aber in Düsseldorf weiter FDP-Politik machen

KÖLN/BERLIN taz ■ Ein letzter Schachzug sollte seinen drohenden Rausschmiss abwenden, doch gestern Nachmittag musste Jürgen W. Möllemann feststellen: Es hat nichts genützt. In Abwesenheit des liberalen Politdesperados beschloss die FDP-Bundestagsfraktion in Berlin mit 39 Ja-Stimmen, einem Nein-Votum und fünf Enthaltungen seinen Ausschluss. Sie sei nicht länger bereit gewesen, „sich von Herrn Möllemann im Nasenring herumführen zu lassen“, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt nach der Abstimmung. Möllemann selbst kommentierte die Entscheidung mit einer gewohnt dramatisch gehaltenen Erklärung: „Jedem ist jetzt spätestens klar“, sagte der frühere Parteivize, „eine gezielt geplante Hinrichtungsaktion durfte nicht aufgehalten werden.“

Noch am Morgen hatte Möllemann gehofft, die absehbare Niederlage mit einem Brief an Gerhardt verhindern zu können. „Im Laufe des Monat März“ wolle er sein Bundestagsmandat niederlegen. „Damit wird die heute in Aussicht genommene Anhörung unnötig bzw. überflüssig“, teilte er mit. Erst am Wochenende hatte Möllemann noch das Gegenteil verkündet: Er wolle das Mandat behalten, weil er seinen Wählern „verpflichtet“ sei.

Die FDP-Bundesspitze hielt die neuerliche Volte denn auch nur für einen Trick. „Herr Möllemann hat schon so viele Versprechungen gemacht“, kommentierte Generalsekretärin Cornelia Pieper. Auch Gerhardt bezeichnete das Schreiben als nicht ausreichend, um die Anhörung abzusetzen – „es sei denn, Sie würden dem Herrn Bundestagspräsidenten tatsächlich die Niederlegung Ihres Mandats rechtsverbindlich mitgeteilt haben“. Dazu war Möllemann nicht bereit: Für eine solche Mitteilung gebe es keine Notwendigkeit, betonte er in Düsseldorf. Sein Schreiben habe „den gleichen politischen und rechtlichen Verbindlichkeitsgrad“ wie eine Erklärung gegenüber Thierse. Die Bundestagsfraktion sah dies anders.

In Düsseldorf kam die vage Mandatsverzichtsankündigung hingegen besser an. Hier war ein Antrag auf Ausschluss aus der FDP-Landtagsfraktion vor einer Woche gescheitert. Allerdings hatten sich etliche Abgeordnete durch die Aussagen ihres Exchefs vom Wochenende getäuscht gesehen. „Diese Täuschung erhärtet den Zweifel am Integrationswillen von Jürgen Möllemann“, schnaubte NRW-FDP-Fraktionschef Ingo Wolf. Nun haben sie sich wieder lieb: Niemand habe in der gestrigen Fraktionssitzung einen neuen Ausschlussantrag „gestellt oder angekündigt“, verkündete Möllemann stolz. Und Wolf sekundierte, sein Vorgänger habe „Anspruch auf Mitwirkung in der Fraktion“. Möllemann sagte, er wolle seine politische Arbeit jetzt ganz auf die Landtagsfraktion konzentrieren und dort im Aufgabengebiet Schule und Hochschule tätig sein. Das sei nach ersten Gesprächen mit der Fraktionsführung „ziemlich realistisch“. PASCAL BEUCKER