: Für Hermann, nicht gegen Özdemir
betr.: „Schicks Erfolg, Özdemirs Schlamassel“, taz vom 13. 10. 08
Der Finanzmarkt hat jetzt eine der tiefsten Krisen überhaupt. Dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn die grüne Basis in Schwäbisch Gmünd mit Gerhard Schick einen ausgewiesenen Finanzexperten auf den aussichtsreichen Listenplatz 4 wählt.
Cem Özdemir verlor die Bewerbung für Platz 6 auch nicht gegen Schick, sondern gegen Winfried Hermann. Dieser hatte zum Einsatz der Bundeswehrsoldaten mehr zu sagen als einige der VorrednerInnen, die sich auf „ISAF gut, OEF böse“ beschränkten. Er sagte, dass es sinnlos sei, Millionen in seltsame Kanäle zu pumpen und dann die neu ausgebildeten Polizisten mit 70 Dollar monatlich auf die afghanischen Straßen zu schicken. Bei dieser miesen Bezahlung reichen schon 200 Taliban-Dollar, um sie umzudrehen. Unter anderem das machte Hermann vielleicht nicht als „Realo“, aber als Realpolitiker erkennbar. Und unter anderem dafür wurde er, für viele überraschend, auf Platz 6 gewählt. Die Begeisterung, von der einige Medien übersteigert berichteten, war für Hermann, nicht gegen Özdemir gerichtet.
Das Dilemma liegt woanders: wozu muss ein Parteivorsitzender in den Bundestag? Das gilt nicht nur für SPD, CDU, FDP und Linke. Diese Frage muss sich auch Claudia Roth gefallen lassen. Liegt es bei den Grünen an der miesen Bezahlung als VorsitzendeR, weil es für mehr Geld keine kriminellen Spender wie bei der Kohl-CDU gibt? Dann sollte man sich bei den Grünen vielleicht auf eine echte Doppelspitze einlassen: einE FraktionsvorsitzendeR und nur einE ParteivorsitzendeR außerhalb des Parlaments, aber mit doppeltem Gehalt und doppeltem Mitarbeiterstab. RAINER WERNER, Mannheim