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Archiv-Artikel

Auftakt zur Demo

Rund 200 Besucher kamen zur „Langen Nacht von Krieg und Frieden“ ins Maxim Gorki Theater

Die Nacht war lang, und sie hat nichts geändert. Aber das war den Beteiligten vorher klar: „Wir geben uns nicht der Illusion hin, dass dieser Abend politisch etwas bewirken wird“, sagte Volker Hesse, Intendant des Maxim Gorki Theaters, als er am Freitagabend die rund 200 Besucher zur „Langen Nacht von Krieg und Frieden“ im Theater begrüßte. In der Nacht vor den weltweiten Friedensdemonstrationen hatten die Schauspieler zusammen mit der taz eingeladen, sich anhand von Literatur und Diskussionen mit dem Phänomen Krieg auseinander zu setzen.

Die Texte, die von den rund 30 teilnehmenden Schauspielern und Journalisten verlesen wurden, zeigten, wie vielfältig dies geschehen kann: Die „Anekdote aus dem letzten preußischen Kriege“ von Heinrich von Kleist oder der Brief des deutschen Kabarettisten Martin Schley, der in den 80er-Jahren den beiden verfeindeten Weltmächten Abrüstungstipps gab, verführten zum Schmunzeln. Die Beschreibung privater Kriegsschicksale machte betroffen. Passagen aus Ernst Jüngers mentaler Mobilmachungsliteratur ließen den Kopf schütteln ob der Absurdität heimeliger Kriegsromantik. „Wir können inzwischen mehr herstellen, als wir uns vorstellen können“, lautete ein Zitat des Philosophen Günther Anders aus einem Briefwechsel mit dem Hiroschima-Bomber-Piloten, das dem Dilemma des Abends nahe kam: Was Krieg real bedeutet, kann sich trotz aller Information kaum jemand vorstellen.

Entsprechend gebannt wurden deshalb auch die Ausführungen von taz-UN-Korrespondent und Buchautor Andreas Zumach verfolgt, der auf dem Podium einen Abriss zur Geschichte der Beziehungen zwischen den USA und dem Irak gab. „Saddam Husseins Gräueltaten im Irak waren nie ein Geheimnis“, so Zumach, und auch Washington habe nie Illusionen über den „Verbrecher Hussein“ gehabt. Dass die Regierung Schröder außenpolitisch in den letzten Wochen einen so wenig nachvollziehbaren Schlingerkurs gefahren sei, liege auch an einer Fehleinschätzung der Möglichkeiten innerhalb des internationalen Systems. SUSANNE AMANN