: Nicht schön, aber erfolgreich
Willi Reimann hat Fußball-Zweitligist Eintracht Frankfurt neu organisiert. Das hat immerhin dazu geführt, dass die Diva vom Main auch nach dem 21. Spieltag auf einem Aufstiegsplatz rangiert
aus Frankfurt BERND SEIB
Friedhelm Funkel war milde gestimmt. „Der Willi hat doch gar keine Möglichkeit, seine Mannschaft anders spielen zu lassen“, stellte er fest, was in den vorangegangenen anderthalb Stunden vor allem eines bedeutet hatte: Abwehr. Selten hat man ein Heimteam derart defensiv agieren sehen wie Eintracht Frankfurt im montäglichen Zweitliga-Spitzenspiel gegen den 1. FC Köln. Doch FC-Trainer Funkel schien vor allem froh, dass nach dem 1:1 das Krisengerede verstummt ist. Sein Gegenüber nahm das Ergebnis dagegen in gewohnt trockener Manier auf: „Wie waren gut organisiert“, sagte Willi Reimann lapidar.
Als Reimann im vergangenen Sommer in Frankfurt anheuerte, mangelte es dem Club genau daran noch gehörig – an Organisation. „Ich hatte das Vergnügen, das Chaos im Verein am eigenen Leib mitzuerleben – durch unterschiedliche Ansprechpartner bei meinen Vertragsverhandlungen“, erinnert sich Reimann. Umso überraschender ist, was der 52-Jährige seither bewirkt hat: Ein sicherer Mittelfeldplatz war angepeilt, nun findet sich die Eintracht auch nach dem 21. Spieltag auf einem Aufstiegsrang wieder. Davon will Reimann jedoch nichts wissen: „Wenn wir am Ende nur Siebter werden, haben wir trotzdem eine gute Saison gespielt“, beharrt er und verweist nicht zu Unrecht auf den dünnen Kader. Gerade einmal drei Offensivkräfte konnte er gegen den FC aufbieten – mangels Alternativen. Mit Pawel Kryszalowicz und Jermaine Jones fiel schließlich der komplette erste Sturm verletzt aus.
„Schöner Fußball ist für mich, zu gewinnen“, hat Reimann einmal gesagt. Getreu dieser Maxime präsentiert sich sein Team in dieser Saison. Traditionelle Eintracht-Eigenschaften wie latenter Größenwahn und die Fähigkeit, zwar virtuos, jedoch weitgehend jenseits aller Effizienz den Ball zirkulieren zu lassen, sucht man vergebens. „Kommen Sie mir nicht mit dem Spruch: Sie haben schön gespielt, aber verloren. Das kann ich nicht hören“, sagt Reimann. Folge: kaum einmal, dass die Eintracht ihre Anhänger bislang mit spielerischen Delikatessen angefüttert hätte. In der Regel geht man in Führung und kann sich fortan auf die Defensive verlassen.
Dort verrichten vor allem zwei Spieler vorzügliche Arbeit, die Reimann noch von früheren Engagements her kennt und die er für wenig Geld nach Frankfurt geholt hat: Abwehrchef Jens Keller, in Köln zu Saisonbeginn ausgemustert, und der kongolesische Nationalspieler Jean-Clotaire Tsoumou-Madza, zuvor in der sächsischen Oberliga beim OFC Neugersdorf, bilden die überragende Innenverteidigung der Liga. Ganz bestimmt nicht zufällig fiel das 1:1 des Kölners Francis Kioyo am Montag erst, als Gegenspieler Tsoumou-Madza kurzzeitig außerhalb des Rasens behandelt werden musste.
Für die frühe Eintracht-Führung hatte Neuzugang Markus Beierle schon nach 100 Sekunden gesorgt. Ein Transfer, der erst durch den Abgang von Rolf-Christel Guie-Mien zum SC Freiburg möglich wurde, denn wirtschaftlich muss der Club inzwischen deutlich kleinere Brötchen backen, nach wie vor wartet man sehnsüchtig auf einen Investor. Doch erst wenn im Frühjahr die Stadt Frankfurt über die Vergabe der Betreiberrechte für das neue Waldstadion entscheidet, wird wieder Bewegung in die Sache kommen.
Dann könnte auch das beliebte Hauen und Stechen in der Führungsetage in eine neue Runde gehen. Einen ersten Vorgeschmack lieferten zuletzt Vorstand Volker Sparmann und Aufsichtsrat Jürgen Neppe. Stein des Anstoßes: die Besetzung des vakanten Managerpostens. Die Kandidaten: Manfred Burgsmüller, Thomas Berthold und Franz Gerber. Auch der Trainer, der derzeit in Personalunion den Posten bekleidet, wurde gefragt, wen er sich wünschen würde. Reimanns Antwort: „Ich würde immer Willi Reimann nehmen.“