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Archiv-Artikel

Modell Hochschulmedizin

Wenn die medizinischen Fakultäten der Berliner Universitäten einmal zusammengelegt sind, sollen weitere Fusionen folgen. Die rot-rote Koalition will dafür die gesetzliche Grundlage schaffen

von MATTHIAS BRAUN

Für die rot-rote Koalition hat die Vereinigung der hochschulmedizinischen Einrichtungen von Humboldt-Universität (HU) und Freier Universität (FU) zu einer so genannten Gliedkörperschaft offenbar Modellcharakter. Einer erfolgreichen Zusammenlegung der medizinischen Fakultäten könnten weitere Fusionen folgen. Laut einem vorläufigen Arbeitsentwurf für das in Sachen Hochschulmedizin geplante Vorschaltgesetz, der der taz im Wortlaut vorliegt, will sich die Landesregierung das Recht vorbehalten, Fakultätsverschmelzungen per Gesetzesinitiative zu forcieren.

Dazu plant die Landesregierung offenbar, dem Berliner Hochschulgesetz einen neuen Paragrafen hinzuzufügen. In dem der taz vorliegenden Papier heißt es: „Die Universitäten und Hochschulen können zur Erfüllung von Aufgaben von Fakultäten gemeinsame Gliedkörperschaften bilden.“ Diese Fusionen sollen freiwillig erfolgen, aber auch per Gesetz durchgesetzt werden können. „Die Bildung [von Gliedkörperschaften] kann durch Vereinbarung zwischen den Hochschulen oder durch Gesetz erfolgen“, lautet die entsprechende Passage in dem Entwurf.

Der wissenschaftspolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Bert Flemming, bestätigte gestern auf taz-Anfrage, dass die Landesregierung entsprechende Überlegungen anstellt. Er sagte: „Das Papier bildet einen vorläufigen Arbeitsstand ab.“ Das geplante Gesetz solle die Möglichkeit eröffnen, in Zukunft weitere Fakultäten zusammenzulegen. „Wenn zwei Fakultäten von sich aus eine Gliedkörperschaft bilden wollen, sollen sie das künftig auch dürfen“, so Flemming. Auf die Frage, ob die Landesregierung die Initiative für weitere Fusionen ergreifen wolle, sagte Flemming: „Ohne eine Beteiligung der einzelnen Fakultäten sind Fusionen politisch nicht durchsetzbar.“

„Man sollte weitere Fusionen erst erwägen, wenn die beiden medizinischen Fakultäten erfolgreich zusammengelegt sind“, sagte Winfried Benz gestern. Benz hatte die Expertenkommission geleitet, die im Oktober vergangenen Jahres die Zusammenlegung der medizinischen Fakultäten von HU und FU vorgeschlagen hatte. „Ob das auch für andere Fakultäten eine gute Lösung wäre, da bin ich eher skeptisch“, sagte Benz.

Der Präsident der Humboldt-Universität zeigte sich gestern offen für weitere Fusionen. „Wenn diese auf freiwilliger Basis geschehen, habe ich nichts Grundsätzliches dagegen“, sagte Jürgen Mlynek zur taz. Von erzwungenen Fusionen halte er allerdings nichts. Auch sollte man erst sehen, wie sich das überuniversitäre Zentrum für Hochschulmedizin bewähre. Mlynek warnte davor, in dem für das Berliner Hochschulgesetz geplanten neuen Paragrafen eine Hintertür zur schrittweisen Fusion von FU und HU zu sehen. „Berlin braucht auch auf lange Sicht drei Universitäten“, meint Mylnek.