: Schlecht fürs Klima – und die Demokratie
Große Koalition in Schwerin winkt den Bau des Steinkohlekraftwerks Lubmin durch. Angeblich haben bis zu 1.000 Prozent mehr Quecksilber in der Ostsee keine negativen Folgen. Proteste vor dem Landtag
Die große Koalition in Schwerin ist sicher: „Es sind keine negativen Auswirkungen des Kraftwerks zu erwarten“, heißt es in einer Beschlussvorlage zum Bau des Steinkohlekraftwerks Lubmin. Sicher ist somit, dass die Mehrheit aus SPD und CDU im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern diese Vorlage am heutigen Mittwoch beschließt. Damit wird eine Volksinitiative gegen den Ostsee-Meiler abgelehnt.
Das sei sowohl für den Klimaschutz wie für die direkte Demokratie „ein schwarzer Tag“, kritisieren die Grünen, und auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert, „den Willen des Volkes nicht zu ignorieren“. Immerhin haben die 32.000 Unterschriften gegen das Kraftwerk den Landtag dazu gezwungen, sich überhaupt mit der Volksinitiative auseinanderzusetzen. Damit sei „ein wichtiger Beitrag für die öffentliche Debatte“ geleistet worden, anerkennt die von SPD und CDU vorgelegte Beschlussvorlage. Zusätzlich aber lägen etwa 9.000 Einwände gegen das Kraftwerk vor, und die würden „im Anhörungsverfahren ab dem 28. Oktober Berücksichtigung finden“.
Der dänische Konzern Dong Energy plant in Lubmin bei Greifswald ein Steinkohlekraftwerk mit einer Leistung von 1.600 Megawatt, das 2012 ans Netz gehen soll. Dadurch würden die CO2-Emissionen des gesamten Energiesektors im Lande „verdoppelt“, rügen die Grünen. Nach einem Gutachten, das die Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) vergangene Woche vorlegte, würde zudem der Eintrag an Quecksilber in die Ostsee „um mehr als 1.000 Prozent erhöht“. Lubmin liegt am ökologisch sensiblen Greifswalder Bodden in unmittelbarer Nähe zu den Nationalparks und Biosphärenreservaten der Inseln Rügen und Usedom.
Während also am Nachmittag im Schweriner Schloss die Regierungskoalition das nächste Hindernis für den Bau des Steinkohlekraftwerks aus dem Wege räumen wird, demonstriert vor den Toren des Landtags die Klima-Allianz gegen Lubmin. Die Aktion in Schwerin bildet den Abschluss der bundesweiten Antikohletour, die seit dem 7. Oktober durch zehn Städte führte, in denen Neubaupläne für Kohlekraftwerke bestehen. Darunter waren mit Brunsbüttel, Stade und Dörpen (Emsland) drei Standorte im Norden.
Unterstützung kommt zudem durch die Kunstauktion „KunstGegenKohle“ im Greifswalder Dom, für die Künstler aus der Region mehr als 100 Arbeiten gestiftet haben. Der Erlös der Versteigerung soll für Gutachten und den juristischen Beistand Verwendung finden. Die Kunstwerke könnten auch auf der Internetseite der Allianz (www.zukunftstattkohle.de)gegen das Steinkohlekraftwerk angesehen und ersteigert werden. SVEN-MICHAEL VEIT