: Rechtsextreme für Saddam Hussein
Mit scheinbar linken Parolen versuchen norddeutsche Neonazis, sich an die wiedererwachte Friedensbewegung zu hängen. Morgen soll in Hamburg ein Aufmarsch gegen die „Öl-gierige Völkermordzentrale USA“ mobilisieren
von ANDREAS SPEIT
Die norddeutschen Neonazis machen für die Verteidigung des Irak gegen den „US-Imperialismus“ mobil. Am Samstag wollen die Freien Nationalisten in Hamburg aufmarschieren. Unter dem Motto „Amis raus – Freiheit rein“ will das „Aktionsbüro Norddeutschland“ ab 12 Uhr auf dem Ostpreußenplatz am U-Bahnhof Wandsbek-Gartenstadt vor dem „USA-Run auf alle Ölquellen“ warnen.
Seit Wochen versuchen Rechte aller Fraktionen mit scheinbar linken Parolen wie „Kein Blut für Öl“ und „USA – internationale Völkermordzentrale“ sich an den Antikriegsprotesten zu beteiligen. „Von links bis rechts friedlich gegen den Krieg“ ist der Slogan, mit dem die Rechten quer durch die Gesellschaft Sympathien gewinnen wollen. Das Aktionsbüro hat bereits Flugschriften und Plakate auf ihrer Website bereitgestellt. Nach eigenen Angaben hätten „Kameraden“ in Hamburgs Norden schon die Plakate „Not with U$“ verklebt. Weniger erfolgreich verläuft die Vorbereitung des Aufmarsches am Samstag.
Kaum hatte das Aktionsbüro um die Nazi-Kader Thomas Wulff, Tobias Thiessen und Inge Nottelmann zu dem vermeintlichen Friedensmarsch aufgerufen, meldete sich Christian Worch. Der Hamburger Nazi-Stratege erklärte, sich nicht an dem Aufmarsch zu beteiligen, weil der Anmelder Lutz Giessen „Kameraden“ betrügen würde (taz berichtete). Aus Sorge, dass weitere führende Neonazis fernbleiben könnten, musste Giessen deshalb in den Hintergund treten.
In seinem Demo-Aufruf versucht das Aktionsbüro zwar durch das Kopieren linker Argumente Akzeptanz in der Friedensbewegung zu erlangen. Doch wenn sie selbst formulieren, offenbaren sie ihre Positionen. „Der gesamte europäische Kontinent“ stehe seit dem Zweiten Weltkrieg unter der „Kontrolle der USA“, die Nato sei nur ein „Machtinstrument“ zur Durchsetzung der „neuen Weltordnung unter Führung der USA“. Gegen diese „Fremdherrschaft“ müsse das „deutsche Volk“ sich ebenso wie gegen die US-Weltpolitik wehren: „Was vor knapp 60 Jahren mit Deutschland passierte, wiederholt sich nun im Irak. Politische Rufmordkampagne, Wirtschaftsembargo und dann Bombenterror.“
Über Antiamerikanismus und Revisionismus schlägt der Demo-Aufruf gleich noch den Bogen zum Antisemitismus. Der „Kampf gegen den Terrorismus“ solle einzig die „wirtschaftliche Macht der US-Konzerne und der weltweiten Geldverleiher ausbauen“. Die US-Politik ist also nichts anderes als, wie sie es sonst offener postulieren, der „zionistische oneworld Terror“. Kritik an Saddam Hussein üben die Neonazis mit keinem Wort.
Aus Solidarität mit dem Irak wollte schon 1991 der Hamburger Naziführer Michael Kühnen, für den der Irak ein „Bollwerk“ gegen Amerika und Israel war, eine Freiwilligeneinheit entsenden. Nur der Tod des politischen Ziehvaters von Worch und Wulff soll die Unterstützung während des damaligen Golf-Kriegs verhindert haben.