: Billige Psychotherapie
Eine US-Obergefreite fand im Irak einen Welpen. Behalten durfte sie ihn nicht. Aber ausreisen lassen schon
Es gibt sie doch noch – echte Erfolgsgeschichten aus dem Irak: Ein Welpe konnte gerettet werden. Ratchet, so heißt der schwarze Hund mit weißer Schnauze und weißen Pfoten, wurde nach Kuwait ausgeflogen; von dort geht es Ende der Woche weiter ins amerikanische Minneapolis. Der Fall des Welpen erlangte internationale Aufmerksamkeit. Von Italien bis Illinois haben über 65.000 Menschen eine Petition unterzeichnet, die von der US-Armee forderte, Ratchet eine neue Heimat zu geben.
Doch die ganze Geschichte von vorne: Letzten Mai hatten US-Soldaten den Welpen in einem brennenden Müllhaufen in Bagdad gefunden und mitgenommen. Die 28-jährige Stabsgefreite Gwen Beberg aus Minneapolis hatte das Tier schnell lieb gewonnen. Als „emotionale Unterstützung, Vertrauten und einfach damit ihre Tochter im Kriegsgebiet nicht den Verstand verliert“, sagt Gwens Mutter.
Doch genau da begann das Problem: „Wenn du jedes Mal stehen bleibst, wenn ein Hund bellt, wirst du deine Reise nie beenden“, lautet ein arabisches Sprichwort, das offensichtlich auch das Handeln der US-Armee im Irak leitet. Denn die dort stationierten Soldaten dürfen keine Haustiere halten. Im Fall Ratchets hat die Truppe einen klaren Standpunkt: Das Tier sei ein freies Wesen und könne den Irak verlassen, solange das nicht auf Koste der US-Armee geschehe. Damit trat die US-Tierschutzorganisation „Rettet Bagdads Welpen“ auf den Plan. Ein privates Sicherheitsunternehmen holte den Vierbeiner auf einem US-Stützpunkt ab und brachte ihn in einem gesicherten Tiertransport zu Bagdads Flughafen. Dort wurde Ratchet vom Koordinator von „Rettet Bagdads Welpen“, Terri Crisp, in Empfang genommen, der gemeinsam mit dem Tier eine Chartermaschine ins benachbarte Kuwait bestieg. Kostenpunkt der Tierrettungsaktion: 5000 US-Dollar. Übrigens ist Ratchet kein Einzelfall. Die Organisation hat seit Februar bereits 65 Hunde und sechs Katzen aus dem Irak ausgeflogen.
Für die 4 Millionen Flüchtlinge aus dem Irak mag die Geschichte etwas bizarr klingen. Es stellt sich die Frage: Warum nehmen die USA Hundeflüchtlinge auf, in einer Zeit, in der die Regierung in Washington ihr Kontingent für menschliche Asylsuchende aus dem Zweistromland auf 7.000 Personen begrenzt hat? Allein in Jordanien leben hundertmal so viele irakische Flüchtlinge. Und es waren gerade Iraks Nachbarländer Jordanien und Syrien, die die USA immer vor einem Irakkrieg gewarnt hatten und jetzt mit den Flüchtlingen allein gelassen werden.
Aber wo liegt hier eigentlich der Hund begraben? Hat nicht die Stabsgefreite Gwen Beberg auch recht mit ihrem Vorschlag, dass die Armee den Umgang mit Haustieren im eigenen Interesse ein wenig lockern sollte. „Die Tiere helfen den Soldaten nicht nur, ihre Dienstzeit im Irak, sondern auch die Rückkehr in die USA besser zu überstehen.“ Denn so ihr schlagendes Argument: „Ein Haustier aus dem Irak ist viel billiger als jahrelange Psychotherapie.“ KARIM EL-GAWHARY