: Speicher mit Schwung
Vom Kondensator bis zum Schwungrad: Die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien bringt auch die Entwicklung von Stromspeichern voran. Leistungsdichte von 18 Kilowatt pro Kilogramm
Binnen 20 Sekunden ist das Schwungrad auf 60.000 Umdrehungen pro Minute beschleunigt. Nahezu verlustfrei dreht es sich anschließend im Vakuum, allein magnetisch gelagert – und ebenfalls innerhalb von 20 Sekunden ist es auch wieder abgebremst. Während dieser Phasen hat es erst eine Leistung von 120 Kilowatt aufgenommen und später eine ebensolche wieder abgegeben. So wird das zwölf Kilogramm schwere Schwungrad aus einem Kohlefaser-Verbundwerkstoff zu einem hoch flexiblen Energiespeicher.
Der Schwungradspeicher vom kalifornischen Technologieunternehmen Pentadyne Power Corporation entwickelt. Die ersten zehn so genannten Beta-Units sollen im Frühsommer für etwa 60.000 Dollar pro Stück ausgeliefert werden. Ziel ist ein Preis von 20.000 Dollar in der Serienfertigung.
Pentadyne liegt mit der Entwicklung im Trend. Auch am Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) der Universität Kassel sind Stromspeicher längst zu einem wichtigen Forschungsgebiet geworden. „Im Rahmen eines EU-Projekts werden gerade zwölf Technologien untersucht“, sagt Bernd Willer, Leiter der Sparte Energiespeichertechnik. Darunter sind alle denkbaren Varianten: Vom Supraleiter bis zum Wasserstoff, von der Batterie bis zur Druckluft. Ziel sei es, den jeweiligen Forschungs- und Entwicklungsbedarf zu analysieren. Zwar sei das Interesse an Stromspeichern nicht neu, sagt Willer, doch mit dem Ausbau der regenerativen Energien werde das Thema „eine ganz neue Dimension erlangen“. Besonders bei flexiblen Kurzfristspeichern sind die technologischen Ansätze sehr vielfältig. Denn während bei den Langfristspeichern Wasserstoff bereits als Klassiker die Debatte bestimmt, ist bei den Kurzzeitspeichern eine führende Technologie noch nicht erkennbar.
Längst beschäftigt sich auch die Windkraftbranche mit dem Thema. „Zum Windstrom gehört in Zukunft auch ein Speicher“, heißt es beim Anlagenbauer Enercon. Entsprechend hat das Unternehmen bereits einen eigenen Schwungradspeicher entwickelt, der 200 Kilowatt leistet, und fünf Kilowattstunden aufnehmen kann.
An der Technischen Universität Clausthal wird unterdessen am Druckluftspeicher geforscht. Bei dieser Technik wird Luft in Gastanks gepumpt und wieder expandiert, sobald man die Energie benötigt. Seit anderthalb Jahren bearbeitet die TU Clausthal dieses Thema mit dem Ziel, den Wirkungsgrad zu steigern, der derzeit noch unter 50 Prozent liegt. Das Problem: Bei der Kompression entstehen hohe Temperaturen, die eine Kühlung erfordern. Somit geht ein Teil der Energie verloren. Im Moment forschen die Wissenschaftler an einer entsprechenden Anlage mit zehn Kilowatt. „Wenn das in dieser Dimension klappt, werden wir testen, wie weit man die Leistung steigern kann“, sagt Ernst-August Wehrmann vom Institut für Elektrische Energietechnik der TU Clausthal.
Sein Kollege Hans-Jörg Barth vom Institut für Tribologie und Energiewandlungsmaschinen sieht in dem Drucklufttank bereits heute deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Batterien: „Vom Gewicht her sind wir bei gleicher Speicherkapazität bereits günstiger als Bleibatterien“, sagt er. Als Kurzzeitspeicher habe die Druckluft damit gute Chancen, zumal „die Lastwechselzahl unbegrenzt“ sei: „Wir können die Luft in dem Stahlbehälter beliebig oft komprimieren und expandieren.“ Mit einem Druck von bis zu 30 bar experimentiere man derzeit.
Für kleine Leistungen und schnellste Reaktionen forscht auch die Halbleiterindustrie längst an einer interessanten Option: am Doppelschichtkondensator, auch Super-Cap genannt. Denn auch für den Hochleistungskondensator sprechen gute Argumente: Während Batterien mitunter nach 5.000 Ladezyklen bereits am Ende sind, schafft ein Kondensator eine halbe Million Zyklen. Ein weiterer Vorteil des Kondensators, sagt Mirko Bodach, Wissenschaftler an der Technischen Universität Chemnitz, liege darin, dass man „die elektrische Energie nicht in eine andere Energieform umwandeln“ müsse. Denn im Kondensator bestehe die Energie in Form von Ladungen fort – weshalb er sie viel schneller abgeben könne als jeder andere Speicher, dessen Energie man erst umwandeln muss.
Super-Caps gibt es bereits zu kaufen – produziert werden sie etwa von der Firma Epcos. Mit Kapazitäten von derzeit 7.000 Farad habe man in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, sagt Thomas Dietrich, Produkt-Marketingmanager bei Epcos. So konnte auch der Preis binnen zwei Jahren halbiert werden. „Doch schon heute geht es dabei nicht mehr nur um Visionen“, sagt Dietrich, „in Flügelverstellungen von Windrädern sind die Super-Caps längst schon drin.“ Die Leistungsdichte, die man bis in zwei Jahren erzielen wolle, liege bei 18 Kilowatt pro Kilogramm. Die verfügbare Energie werde dann bei sechs bis sieben Wattstunden je Kilogramm liegen, sagt Dietrich. Und das sei noch lange nicht das Ende. Vom Doppelschichtkondensator dürfe man in Zukunft noch einiges erwarten – schließlich werde „die Batterie auch nach mehr als 100 Jahren noch immer weiter entwickelt“. BERNWARD JANZING