piwik no script img

Archiv-Artikel

„Bomben auf Judenstaat“

Neonazis versuchten sich in Barmbek als Friedenstifter darzustellen.500 AntifaschistInnen demonstrierten gegen rechte Kriegshetze

Für den Frieden wollten sie marschieren – doch sie hetzten für den Krieg: Deutsche Soldaten zur Verteidigung nach Bagdad, Bomben auf Tel Aviv. Was Norddeutschlands Neonazis wirklich meinen, wenn sie als Friedensengel gegen einen Irak-Krieg auftreten und mit vom Kommunistischen Bund geklauten Parolen wie „USA – Internationale Völkermordzentrale“ gegen den „US-Imperialismus“ auf die Straße gehen, konnte man Samstag in Barmbek erleben. Dort versammelten sich 200 Rechte unter der Losung „Amis raus – Freiheit rein“. Ihr Engagement diente tatsächlich allein dem Kampf gegen „fremde Kulturen“.

Während Neonazi-Idol Thomas – Spitzname „Steiner“ – Wulff das erste Opfer des „US Imperialismus“ und des „zionistischen Oneworld-Terrors“ in Nazideutschland ausgemacht hat, da im 2. Weltkrieg „Angloamerikanische Bomber“ viele Städte in Schutt und Asche legten, sieht NPD-Führer Peter Borchert in den Anschlägen des 11. September keinen Grund zum Trauern. „Wo es keine Anschläge gegeben hat, haben wir nichts zu bereuen.“

Noch deutlicher wird Thorsten de Vries. „Vielmehr müssten Israel und Tel Aviv bombardiert werden, denn der Judenstaat hat gegen mehrere UN-Resolutionen verstoßen.“ Doch dann ist die Sympathie mit dem palästinensischen Volk schon vorbei. „Der Islam gehört dahin, wo er hingehört.“ Wenn die Menschen im Nahen Osten dem Islam vertrauten und gegen die Juden kämpften, sei das in Ordnung. Nur nach Deutschland sollten sie nicht kommen. „Freie Völker müssen sich vor Überfremdung schützen.“

Der Neonazi-Marsch musste von einem massiven Polizeiaufgebot durchgesetzt werden. Am Morgen hatten sich rund 500 AnitfaschistInnen am Barmbeker Bahnhof zu einer Gegendemonstration versammelt. Mit Sprechchören „Freiheit und Leben – Nazis von der Straße fegen“ zogen sie zum Aufmarschgebiet. An der Bramfelder Straße gelang es ihnen, die Polizeisperre zu durchbrechen. Es gab ein zwar kurzes, aber heftiges Gerangel.

Erst nach einigen hundert Metern konnte die Polizei die Menge stoppen und mit Wasserwerfern in eine Seitenstraße treiben. Fortan vermutete die Polizei überall „Störer“. Jede vermeintlich verdächtig aussehende Person ließ den Einsatzleiter seine Truppen zur Sicherung losschicken und Festnahmen androhen.

Laut Polizeisprecher Ralf Kunz sind 39 Personen festgesetzt worden. Gegen zwei weitere ermittelt die Polizei wegen Gefangenenbefreiung und Sachbeschädigung. Selbst den Rückzug der Rechten mit der Bahn musste die Polizei decken. Der U-Bahnhof Habichtstraße wurde geräumt und der Bahnhof Barmbek bei Durchfahrt des Zuges gesperrt.

PETER MÜLLER/ANDREAS SPEIT