: Deutsche Luxuskarossen für Amerika
Während die hiesigen Autobauer im eigenen Land Verluste verzeichnen, weitet sich das US-Geschäft aus. Auf der weltweit größten Autoshow in Detroit zeigt sich: Gefragt sind Nobelmodelle von BMW, Mercedes und Porsche sowie Geländewagen
VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Da würde der Betriebsratsvorsitzende der Adam Opel AG die Produkte der Autobauer aus Rüsselsheim und Bochum auch gerne präsentiert sehen: auf der gerade wieder eröffneten größten Autoshow der Welt in „Motorcity“ Detroit USA. Doch die alljährlichen Bitten von Klaus Franz, den Markt in den Staaten doch endlich auch für Opel und Vauxhall zu öffnen, stoßen bei den Bossen der Opelmutter General Motors (GM) in Detroit auf taube Ohren.
GM kämpft in den Staaten schließlich selbst ums Überleben gegen die beiden anderen Giganten der Branche: Ford und Chrysler, gleichfalls ansässig in Detroit. Nach einer seit Jahren tobenden ruinöse Rabattschlacht stehen die drei Automobilbaukonzerne mit dem Rücken an der Wand. Experten prophezeiten schon das „Ende von Detroit“. Unter diesen Umständen kann die Opelmutter GM keine Konkurrenz durch die europäische Tochter gebrauchen. Doch ohne den Export in die USA ist Opel nur bedingt konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt.
Solche Sorgen plagen VW nicht. Allerdings konnten die Wolfsburger ihren Marktanteil in den Staaten nur halten, während die Hersteller von Luxuskarossen wie Porsche, BMW und auch Mercedes zulegten – trotz des für den Export gerade in die USA ungünstigen Wechselkurses des Euro. Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch musste in Detroit einräumen, dass VW 2003 einen „Gewinneinbruch“ habe hinnehmen müssen. Das operative Ergebnis sei wohl „halbiert“ worden.
Die Autokäufer in den Staaten sind daran nicht schuld. Absatzrückgänge verzeichnete VW – wie fast alle europäischen Autobauer – auf dem europäischen Markt, vor allem in Deutschland. Zudem habe der Konzern „einen dreistelligen Millionenbetrag“ in die Neustrukturierung des Brasiliengeschäftes investieren und „Neuanläufe“ für eine Vielzahl von Modellen entwickeln müssen, sagte Pötsch in Detroit.
Vor allem das Faible reicher US-Amerikaner für deutsche Pkws der gehobenen- und der Luxusklasse bescherte den deutschen Automobilbauern in den Staaten insgesamt einen respektablen Marktanteil von 13 Prozent. So verzeichnete Daimler für seine teuren Mercedes-Karossen 2003 den zehnten Absatzrekord in Folge. Und der US-Marktanteil sei noch „ausbaufähig“, meint etwa der Verband der deutschen Automobilindustrie. In den Staaten werden jährlich rund 17 Millionen Pkws neu zugelassen. Weil die Amerikaner auch Geländewagen mögen, stellt Porsche in Detroit den „Cayenne“ mit einem Sechszylindermotor vor. Audi verdoppelt glatt: Zwölfzylindermotor im A 8. Und Mercedes präsentiert die Luxusversion einer Reiselimousine mit sechs Sitzen, die sich „Grand Sport Tourer“ nennt und ein „Showcar“ (Mercedes) sein soll. Auch die japanischen Automobilbauer drängen mit einer Palette neuer Fahrzeuge aller Klassen weiter massiv auf den US-amerikanischen Markt.
Und wie reagieren die angeschlagenen großen drei US-Hersteller auf den Generalangriff aus dem Fernen Osten und aus Europa? Gleichfalls mit einer Produktoffensive. Rund hundert neue Modelle wollen GM, Ford und Chrysler in den nächsten drei Jahren vorstellen. Der Südstaatenrenner „Doge“ (Chrysler) mit seinem Machoimage soll ab sofort in ganz Westeuropa verkauft werden. Und GM stellt seinen neuen Cadillac jetzt überall in Europa in die Autohäuser – von Opel und Vauxhall. Die Mutter darf das. Und die Tochter muss auch das hinnehmen. Die Rabattschlacht in den Staaten wollten übrigens alle Hersteller dort angeblich umgehend beenden, hieß es auf dem Autosalon in Detroit. Doch dann senkte Chrysler kurz vor der Eröffnung der Autoshow ohne Vorankündigung noch einmal die ohnehin schon niedrigen Einstandspreise für die neuen Modelle der Firma. Da werden die Händler von Ford und GM wohl wieder eine Hand voll Dollars in die Handschuhfächer legen müssen – oder Mikrowellen und Gefrierschränke beim Kauf mit dazugeben.