: Die Krise in der Krise
Erst Banken, jetzt Zeitungen: Durch den Sparkurs der WAZ-Mediengruppe droht der Pressevielfalt ein herber Verlust
Plötzlich ging alles ganz schnell: Schon gestern lagen die NRW-Zeitungen der WAZ-Mediengruppe in abgespeckter Form am Kiosk. Statt 38 bzw. zuweilen 48 Seiten schrieben WAZ, WR, WP und NRZ am Freitag nur noch 32 Seiten voll. Und das ist erst der Anfang. Am Mittwoch hatte der drittgrößte Zeitungsverlag der Republik einen harten Sparkurs angekündigt: Wie die taz berichtete, will der Verlag rund 30 Millionen Euro einsparen. Der reduzierte Umfang der Zeitungen ist dabei nur der erste Schritt.
Was in den kommenden Monaten ansteht, wird Leser wie Mitarbeiter der Zeitungen hart treffen. Laut Medienberichten könnten gut 300 von insgesamt 900 Stellen zur Disposition stehen. Für die Mitarbeiter bedeutet das: zittern; und die Leser werden wohl oder übel künftig nicht mehr die Vielfalt vorfinden, die sie gewohnt sind. So ist unter anderem die titelübergreifende Zusammenarbeit der Regionalblätter und die Schließung von Redaktionen angedacht.
Für die Medienpluralität in NRW sind das miserable Nachrichten. Der Dortmunder Zeitungsforscher Horst Röper befürchtet, dass die Folgen des Sparkurses „noch viel schlimmer sein werden als angenommen“. Sicher werde nicht gleich in den Politik-Ressorts kooperiert, auch wegen der unterschiedlichen Ausrichtung der Blätter. In anderen Teilen der Zeitung aber, so Röper, dürfte bald immer häufiger dasselbe stehen – egal, ob auf dem Titel das Logo der WAZ, der NRZ oder der WP prangt. Laut Röper droht der größte Vielfaltsverlust, den die Medienlandschaft in Nordrhein-Westfalen je erlebt hat.
Innerhalb des Konzerns jagt derweil eine Meldung die andere. Zunächst wurde am Donnerstag die Geschäftsführung aufgestockt: Von der Verlagsgruppe Handelsblatt kommt Harald Wahls zur WAZ, als Verlagsgeschäftsführer für NRW. Außerdem wurde Ulrich Reitz in den Geschäftsführungskreis berufen. Der Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung soll dort die Angelegenheiten aller Zeitungsredaktionen der WAZ-Gruppe vertreten.
Innerhalb des Konzerns wird nun mit harten Bandagen gekämpft. Jedes Blatt fürchtet um seine Existenz; immerhin wird wohl dort zuerst gespart, wo es am schlechtesten läuft. WR-Chefredakteurin Katrin Lenzer ging sofort in die Vollen: In einer Mail an ihre Mitarbeiter soll sie verkündet haben, die WR habe derzeit die geringsten Auflagenrückgänge zu verzeichnen. Ganz im Gegensatz zum Mutterblatt WAZ, bei dem sich die Auflage offenbar im freien Fall befindet. Außerdem soll Lenzer ihren Vorgänger Klaus Schrotthofer angegriffen haben; der alte Kurs der Zeitung habe erhebliche Verluste beschert. Angriff soll ja die beste Verteidigung sein. Es stehen harte Zeiten an. ROS