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Archiv-Artikel

Sendungsbewusst auf 100,0 MHz

Besuch beim Kölner Hochschul- und Ausbildungssender „Kölncampus“: Das Radio ist vor allem auf seine „ganze eigene Musikfarbe“ und die vielseitigen Wortsendungen stolz

KÖLN taz ■ Learning-by-doing ist die Philosophie, die hinter dem Konzept des Hochschulradios „Kölncampus“ steht. Eigeninitiative ist angesagt und: fragen, fragen, fragen. „Allen soll möglichst viel Freiraum für Kreativität, neue Ideen und selbstständiges Arbeiten gelassen werden“, erzählt Nora Kraft, Pressesprecherin von „Kölncampus“.

Die Geschichte des Senders begann im Jahr 1995. Damals ermöglichte eine Änderung im Landesrundfunkgesetz in Nordrhein-Westfalen die Gründung von Hochschulradios. Circa 60 radiobegeisterte Studierende stürzten sich daraufhin in den Kampf um die eigene Frequenz im Kölner Mediendschungel. Nebenbei sendeten sie einmal pro Monat eine Stunde Campusradio über den Äther des Bürgerfunks. Sieben Jahre vergingen, bis Kölncampus am 30. April 2002 schließlich offiziell „on-air“ ging. Fortan lautete das Motto auf der Frequenz 100,0 MHz: Sendungsbewusstsein rund um die Uhr. Seine Stärke hat der junge Sender vor allem bei der Musik, findet der verantwortliche Musikredakteur Tobias Grimm: „Kölncampus hat eine ganz eigene Musikfarbe. Nur die Qualität zählt, unabhängig von der Bekanntheit der Band oder des Künstlers oder der Chartplatzierung.“ So kann sich der Hörer sowohl an Jazz und HipHop erfreuen als auch an Pop, Rock und elektronischer Musik. Madonna und die Beach Boys gesellen sich zu Belle & Sebastian, Blumfeld und Will Oldham, Superpunk und Radiohead. Regelmäßig werden lokale Bands und DJs vorgestellt und eingeladen.

Aber auch in den zahlreichen Wortsendungen bekennt „Kölncampus“ Farbe. Während morgens von Montag bis Freitag das Morgenmagazin „Frührausch“ aktuelles vom Hochschulkosmos berichtet, haben sich in der Abendschiene fast 20 Spezialsendungen entwickelt. Wissenschaft, Politik, Kultur, aber auch Sport, Musik und Comedy füllen die Inhalte der einzelnen Formate. Fast zweihundert „Radiomanics“ haben hier den Raum gefunden, ihre eigenen Ideen und Sendungskonzepte zu realisieren. Themen, die von „Tierversuche an der Uni“ bis hin zu „Islamismus in Köln“ reichen, werden zum Beispiel in der Talksendung „Intus“ live mit betroffenen Studiogästen diskutiert. Die „Filmspur“ stellt die neuesten Kino-Filme vor und füllt die Sendung ausschließlich mit alter und neuer Kino-Musik. Was es im Theater- und Literaturbereich neues in Köln gibt, erfährt der Hörer bei „KulturImPuls“.

Die Pionierarbeit der Gründergeneration hat sich für viele auch im späteren Leben ausgezahlt: Mittlerweile arbeiten zahlreiche Ehemalige als Moderatoren, Redakteure oder Freie Mitarbeiter bei öffentlich-rechtlichen oder privaten Radiosendern; und darüber hinaus ehrenamtlich bei Kölncampus. Sie kümmern sich zusammen mit den ständig hinzukommenden Studierenden um Organisatorisches, erledigen den anfallenden Papierkram und bilden den Nachwuchs aus. Die Neulinge begleiten in vierwöchigen Ausbildungsphasen die Sendungen und bekommen so das erste Rüstzeug des Radiojournalisten: O-Töne sammeln, Umfragen erstellen, Beiträge bauen und Schnittprogramme bedienen. Denn: „Die Ausbildung steht bei uns im Vordergrund.“ sagt Nora. „Sie ist Grundlage und Zukunft von Kölncampus.“ CORNELIA STEINER

Die taz stellt die Kölner Radiowerkstätten in loser Folge vor.